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22 September 2005

Gruppendenken und Politik: Was politische Parteien mit Platons Höhlengleichnis verbindet

Wenn Gruppen eng zusammenklucken, haben sie eine sich über die Zeit verstärkende Tendenz, die Wirklichkeit auszublenden. Das zeigte der Psychologe Irving Janis in seiner Studie Victims of Groupthink (Boston : Houghton Mifflin, 1972). Seine Beispiele, u.a.: die Japanische Entscheidung, die USA in Pearl Harbor anzugreifen, Nixons Entscheidung, den Watergate-Einbruch zu vertuschen etc. Janis meinte, dass "der soziale Druck, der in zusammenhängenden Gruppen aufgebaut wird", insbesondere der Wunsch, die Beziehungen der Gruppenmitglieder untereinander zu pflegen, eine "Wir-gegen-die"-Metalität aufbaut, die nach und nach ihre Fähigkeit zerstört, die Wirklichkeit realistisch einzuschätzen. Symptome seien u.a. die Illusion der Unverwundbarkeit der Gruppe, die Glaube an die Überlegenheit der eigenen Moral undsofort.
Ich kann bei der Lektüre solcher Sätze kaum umhin, an Kanzler Schröders Auftritt nach der Wahl zu denken: zwar Prozente verloren, aber trotzdem feiern wie ein Sieger. (Der Auftritt der CDU/CSU-Größen ruft dann eher die Geschichte vom Pyrrhus-Sieg in Erinnerung.)
In der dicken Einführung in die Philosophie von Manuel Velasquez (Philosophy. -- 9. Aufl. -- Belmont, CA : Thomson Wadsworth, 2005) wird das Gruppendenken von Janis mit Platons Höhlengleichnis in Verbindung gebracht: "What aspects of Plato's Myth of the Cave can be interpreted as groupthink?" Man möchte die Frage gleich weiterspinnen: Welche Aspekte vom Verhalten der CDU/CSU und der SPD nach der Wahl lassen sich mit dem Höhlengleichnis in Verbindung bringen?

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