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17 September 2007

Kuby hat keine Ahnung

Wer ist Gabriele Kuby? Eine, die nach eigener Aussage "über zwanzig Jahre lang ... Gott auf den Wegen des Zeitgeistes gesucht und nicht gefunden" hat. Und dann katholisch geworden ist.
Aus Versehen haben wir ein Buch von ihr gekauft: Die Gender Revolution : Relativismus in Aktion. Der Klappentext:
Gender - ein Wort, das kaum jemand kennt, obwohl "Gender Mainstreaming" zum "Leitprinzip" und zur "Querschnittsaufgabe" der Politik geworden ist. Dieser Begriff unterstellt, dass jede sexuelle Orientierung gleichwertig ist und von der Gesellschaft akzeptiert werden muss. Die Gender-Ideologie hat sich hinter dem Rücken der Öffentlichkeit von der EU über die staatlichen institutionen, die Universitäten und Ausbildungseinrichtungen bis an die Basis der Schulen und Kindergärten eingeschlichen. Sie zerstört das Wertefundament unserer Gesellschaft. Die Wurzel dieser Entwicklung ist die Diktatur des Relativismus. Wenn eine Kultur übereinkommt, dass es nicht möglich ist, das Gute und das Wahre zu erkennen, um daran das Handeln ihrer Mitglieder zu orientieren, dann ist der Kulturverfall unausweichlich.

Starker Tobak. Aber dumm. Natürlich stimmen auch alle die Begriffe nicht; Gender Mainstreaming bezeichnet etwas ganz anderes und hat mit der sexuellen Orientierung nix zu tun. Aber das liegt daran, dass auch Gender nur bedingt mit der sexuellen Orientierung zu tun hat. -- Isja egal erstmal, die Thesen von Frau Kuby lassen sich ja auch bewerten, ohne dass sie korrekt formuliert sind. 'Gender Mainstreaming' bedeutet für Frau Kuby; die sexuelle Orientierung anderer (insbesondere die Homosexueller) als erlaubt und die Freiheit der Orientierung als wünschenswert zu betrachten. Da ist sie dagegen.
Für mich sind im Klappentext eine ganze Reihe von No follows drin:

Die Kultur sei übereingekommen, dass es nicht möglich sei, das Gute und Wahre zu erkennen.
Stimmt nicht, darüber wird noch diskutiert. Aber selbst wenn dem so wäre, fragt sich, ob daraus folgt, dass der Kulturverfall unausweichlich sei. Ist, wie mir scheint, auch dann eine fragwürdige Idee, wenn man 'Erkennen' objektivistisch versteht. Die Kultur kann sich doch auf Werte einigen (kontraktualistisches Modell). Und selbst wenn nicht: 'Relativismus' bedeutet ja noch lange nicht, dass man tun darf, was man will.
Wo findet Kuby den 'Relativismus'? In der gegenwärtigen Sexualethik, die Homosexualität erlaubt. Darüber lässt sich trefflich streiten. So würde ich, dass jeder nach seiner Facon selig werden möge, als Ausdruck des 'fundamentalen Wertes' betrachten, dass jeder die Freiheit und das Recht habe zu tun und zu lassen, was er will, sofern er die Freiheit der andern nicht beeinträchtigt und ihre Rechte nicht berührt. Das darf jeder / jede, weil alle Menschen gleich sind, und es ist auch gar nix besonderes. Aber Kuby kommt überhaupt nur darauf, dass dies relativistisch und frevelhaft sei, weil sie implizit eine These vertritt, die weiter verbreitet ist, als man hoffen möchte. Sie ist nämlich gegen Sex als Selbstzweck; Sex diene der Liebe. Homosexualität und alle anderen 'Verirrungen' (Kuby) der sexuellen Orientierung sind für sie offenbar nur vorstellbar als an selbstzweckhaftem Sex interessiert, d.h. sie schließen 'Liebe' aus. Hier ist also noch ein Irrtum, der in seiner sturen Dummheit erstaunlich ist.

01 Februar 2006

Sex von A bis Z

Hat Philosophie was dazu zu sagen? Oh ja, natürlich. Und ohne dass die sexuellen Vorlieben von Philosophen ins Spiel kommen müssen (da frage ich mich schon manchmal, ob zukünftige Diskursarchäologen nicht auf merkwürdige Zusammenhänge kommen werden).
Und, wie tun es Philosophen? Philosophers do it deeper, philosophers do it a priori, usw. A posteriori ist hier eine zweibändige Philosophical Encyclopedia anzuzeigen, die Alan Soble herausgegeben hat, und deren Haupttitel lautet Sex from Plato to Paglia. Mit den erwartbaren Einträgen zu Sachen, Konzepten und Personen, etwa Pornography, Bisexuality oder Freud musste man rechnen, aber natürlich wird auch die Frage beantwortet, wer Paglia ist: Camille Paglia, *1947, "a leading culture critic and feminist dissident". Das Wort "Enzyklopädie" im Untertitel ist kein Zufall, die Einträge sind essayistisch und umfangreich -- die Zahl der Stichworte in der Folge geringer als in einem Wörterbuch.
In der Zielgruppe des Werks sind nicht nur Philosophen, sondern auch Theologen, Psychologen, Gender studies, "Arts & humanities in general". Das Buch enthält eine Beiträgerliste, aus der neben Informationen über deren Forschungsinteressen -- die Interessen der Beiträger sind so breit gestreut wie die der Zielgruppe -- hervorgeht, welche Artikel sie verfasst haben. Name und subject index helfen dabei, sich zurechtzufinden.
Alles in allem: sicher ein nützliches Werk. Wieviele werden davon wohl in Deutschland verkauft werden?