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16 August 2008

Kunst und Moral

Dass es moralische Gesichtspunkte für die Beurteilung von Kunst (Malerei, Literatur, Film etc.) gibt, scheint mir kaum bestreitbar. Und dabei braucht man nicht mal die Verletzung religiöser Empfindlichkeiten heranzuziehen, für die regelmäßig Rücksichtsnahme eingefordert wahlweise die Freiheit der Kunst in den Ring geworfen wird. Aber muss man mit solchen Meldungen nur rechnen, wo Kunst zugleich politisch sein will (Karikaturenstreit) oder die historische "Wahrheit" im Blick hat (Wilkomirski-Fall)? Meine Argumentation würde ungefähr so laufen: Kunstwerke sind kommunikative Akte. Wie jeder weiß, hat Kommunikation neben anderen Funktionen auch eine Appell-Funktion, die in jedem Akt vorhanden und mehr oder weniger ausgeprägt ist. Dieses Appellative kann jederzeit dem moralischen Urteil unterworfen werden. Und da es im Auge des Betrachters liegt, wie stark der Appell wirkt, hängt es auch von ihm ab, wie stark er urteilt. So könnte, wer will, auch noch einem meditativen Mondrian vorwerfen, dass er eben welt-fremd ist, statt sich zu engagieren.

Der neue Sammelband Art and ethical criticism (hg. von Gerry L. Hagberry, Blackwell 2008) untersucht den Zusammenhang von Kunst und Moral. Ein Teil der Beiträge beschäftigt sich damit, wie Kunst moralische Inhalte vermitteln kann. Das ist natürlich auch ein Aspekt der Frage der moralischen Beurteilung von Kunst, denn immer lässt sich fragen, ob die Kunst denn diesen oder jenen Inhalt vermitteln sollte. Interessanter finde ich aber die paar Beiträge über die "ethical dimensions of photography" (David Davies) oder "Ethical judgements in museums" (Ivan Gaskell).

28 September 2006

Die Alligator-Geschichte

Patrick Baum berichtet in seinem Weblog Philosophus davon, wie die Figuren einer seltsamen Liebesgeschichte mit Alligatoren im Unterricht von Schülern der 12. Klasse beurteilt werden.

Dazu kommentiert Katja:
Ich glaube, das Beispiel zeigt ganz deutlich, dass die moralische Beurteilung eines anderen im Grunde unmöglich ist. Wobei es stimmt, dass wir auch in der Realität das immer wieder versuchen. Wäre es nicht eine Lösung, jeden nach den subjektiven Konsequenzen seiner Handlungen zu bewerten? Wenn Abigail z. B. das Erlebnis mit Sinbad als traumatischer als die Zurückweisung durch Gregory empfunden hat, dann ist er auch (aus ihrer Sicht) am stärksten zu verurteilen.
Weil man sich zum Kommentieren registrieren muss, ziehe ich es vor, hier darauf zu antworten:
Wirklich? In dieser Allgemeinheit? Die moralische Beurteilung eines anderen ist im Grunde unmöglich?
Was die Moral angeht, bin ich Davidsonianer, das heißt: ich glaube nicht, dass man selbst Moral haben kann, wenn man nicht auch das Verhalten anderer moralisch beurteilen kann. Wenn es also unmöglich ist, das Verhalten anderer moralisch zu beurteilen, dann ist es auch unmöglich, selbst moralisch zu sein!
Diese Folge halte ich für absurd. Aber dass das moralische Beurteilen von anderen schwierig ist und nicht immer richtig liegt, ist eine andere Sache.
Die Alligator-Geschichte war mir neu, und hier gilt, wie meist, eine Lektion von Richard Mervyn Hare: Wenn einem die Story komisch vorkommt, kann das ja daran liegen, dass sie zu wenig Details enthält. Zum Beispiel: Hat Ivan ein Boot? Könnte er Abigail so rüberfahren? Warum kann Abigail nicht warten, bis die Brücke wieder aufgebaut ist? Kennt Abigail Slug schon oder ist das eine neue Bekanntschaft? Was weiß Slug?
Usf.
Außerdem muss man sich darüber im klaren sein, dass man schnell mit unbewussten Interpretationen bei der Hand ist:
Die Geschichte behauptet, dass Abigail Gregory liebt, aber ist das eigene Konzept von Liebe verträglich mit der Bereitschaft, mit jemand anderem zu schlafen? Ist das nicht Prostitution und damit moralisch verwerflich? Ist umgekehrt Sindbad ein Erpresser (pfui), oder verkauft er nur Abigail etwas (ok)? Ist jemand, der jemand anderen auf der Grundlage von Hörensagen verprügelt, nicht ein bösartiger Schläger? Usf. Weil die Geschichte unterbestimmt ist, kann man dann natürlich auch trefflich drüber streiten, weil die Lücken unterschiedlich gefüllt werden.