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25 September 2007

Immer glücklich?

Jean Kazez schreibt hier übers Glück, bzw. darüber, was andere Leute über Glück geschrieben haben: David Gilbert (Psychologe), Jonathan Haydt (dito) und Dorrin McMahon (Historiker). Meine Aufmerksamkeit blieb gleich am Anfang hängen:
We have to stumble on happiness, according to Daniel Gilbert, because we are so bad at predicting our future feelings. If you were paralyzed from the neck down, you would be vastly less happy, obviously, right? Studies show otherwise. At first you’d be devastated; but you’d adjust and find new ways of being happy.

Meine Hervorhebung. Die Fähigkeit, sein Glücksempfinden an die Umstände anzupassen (nehmen wir mal an, dass dies empirisch gut bestätigt ist), erklärt natürlich, warum Leute mit wenig Geld ungefähr so glücklich sind wie Leute mit viel Geld, was ich neulich schon mal als ein Faktum beurteilte, das der Ethik nicht wirklich hilft. Der Befund scheint mir hier nur noch deutlicher zu werden. Anders ausgedrückt ist der Utilitarismus damit sozusagen empirisch widerlegt -- mal was neues nach zahllosen Veröffentlichungen, die Fehler in der theoretischen Konzeption welcher Spielart auch immer suchen. Entscheidend ist hier nicht, dass sich die Glückszustände nicht vorhersagen lassen, sondern dass Glück anscheinend nur oberflächlich oder kurzfristig davon abhängt, ob einem Gutes widerfährt oder nicht. Brauchen wir uns also um das Gute nicht zu sorgen? Ganz im Gegenteil: Wenn es nicht die Folgen des Guten für unseren Glückshaushalt sind, dann bleibt ja nur das Gute selbst als Kriterium...

17 September 2007

Geld und Glück

Man kann häufiger lesen, dass "the correlation between income and happiness" "surprisingly weak" sei. Emilio F. Moran zitiert dafür in seinem Buch People and nature (Malden : Blackwell, 2006, S. 175) eine großangelegte Studie von Ronald Inglehart mit 170.000 Teilnehmern. "Lottery winners and the 100 wealthiest Americans listed in Forbes express only slighter greater happiness than the average American" (ebd.), schreibt Moran.
Mir scheint die Statistik falsch angeführt. Ich bin mir sicher, dass ich, wenn ich mehr Geld hätte (und alle anderen Lebensumstände gleich blieben), durchaus glücklicher wäre! Ob Glück vom Geld abhängt oder wie der Zusammenhang ist, kann man nicht sehen, wenn man verschiedene Leute in verschiedenen Lebensumständen betrachtet. Man muss dieselben Leute in unterschiedlichen Umständen sich ansehen!
Wann macht Geld glücklich? Die Menge des Geldes darf nicht so groß sein, dass man sich darum Sorgen macht oder Zeit darauf verschwendet, es zu verwalten. Dass würde mich auch runterziehen: mich stört schon die Steuererklärung (die in den letzten Jahren doch immer dazu gedient hat, Geld zu bekommen), also sicher auch das Gefühl, mein Geld rationell und ökonomisch anlegen zu müssen. Aber das ändert nichts an der Feststellung, dass die Möglichkeit, mehr Geld auszugeben, mir sehr wünschenswert erscheint. Und ich nehme an, dass dies vielen so geht.

Wenn das so ist, warum wird so gern veröffentlicht, wie wenig Geld und Glück miteinander zu tun hätten? Na, es ist doch eine beruhigende Sache: die Leute mit Geld brauchen kein schlechtes Gewissen zu haben, weil sie wissen können, dass es denen ohne Geld genauso gut geht. Die Leute ohne Geld brauchen nicht neidisch zu sein, weil sie wissen können, dass es denen mit auch nicht besser geht.

24 Juli 2006

Die Unzuverlässigkeit von Rezepten zum Glücklichsein

Hin und wieder landen Bücher auf dem Schreibtisch wie: Glücklichsein : Spirituelle Kraft für das Abenteuer des Lebens, von Sri Chinmoy. Es ist im Verlag The Golden Shore erschienen, ein Name, der hält, was er verspricht. Das Buch erklärt, dass Glücklichsein etwas ist, das von einem selbst abhängt: "spirituelles Glücklichsein, das durch Streben und Selbsthingabe entsteht" (S. 18). Ohne Zweifel gibt es Leute, die mit solchen Rezepten wirklich glücklich werden, denen "Streben" und "Selbsthingabe" genügen. Der Mehrzahl dürfte es aber so gehen wie mir. Für mich hat der Gedanke, dass Glück nur von mir allein abhängen soll, etwas zutiefst deprimierendes. Denn ich kann ja daran messen, ob ich glücklich bin oder nicht, ob ich es geschafft habe. Wer nicht glücklich ist, ist demnach außerdem noch ein Versager. Heinrich von Kleist, den ähnliches beschäftigte, dachte, das sei mit Selbstdisziplin zu erreichen (eine Vorwegnahme der protestantischen Arbeitsethik, sozusagen). Ich tendiere mehr zu Aristoteles: Glück braucht auch günstige äußere Umstände! Das diese auf eine innere Disposition treffen müssen, die mit ihnen etwas anzufangen weiß, versteht sich von selbst.

Wesentlich besser gefällt mir das neue Buch von Al Gini: Why it's hard to be good (New York : Routledge, 2006). Gini beschäftigt sich mit der Frage welche Charakteristika von Moral (moralischen Pflichten, Tugendkonzepten etc.) dazu angetan sind, die Moral am menschlichen Faktor scheitern zu lassen. Das heißt, er buchstabiert die Erkenntnis aus, dass Moral dazu da ist, uns dazu zu bringen, etwas zu tun, was wir eigentlich nicht tun wollen. Hier eine Kurzrezension von Brendon Breen.

27 März 2006

Geld macht nicht glücklich?

Richard A. Easterlin habe schon 1974 einen Aufsatz veröffentlicht, in dem er aufzeige, dass es keine notwendige Verbindung zwischen dem Besitz, den jemand hat, und seinem Wohlergehen / Glück gebe. Im Spiegel Online macht Hasnain Kazim sich über Harald Willenbrocks neues Buch Das Dagobert-Dilemma Gedanken. Ein paar mehr hätten es aber schon sein können.
Es ist sicher richtig, dass das, was man besitzt, auch Einfluss darauf hat, was man sich wünscht. Einfach darum, weil man sich das nicht mehr wünscht, was man schon hat. Wenn man Glück als die Abwesenheit weiterer Wünsche definiert, dann ist leicht zu sehen, dass man nicht einfach dadurch glücklich wird, dass man Geld hat, denn damit lassen sich ja beileibe nicht alle Wünsche erfüllen. Und es mögen eine ganze Reihe von Wünschen hinzukommen, die man hat aber nicht hätte, wenn man weniger Geld hätte, weil man gar nicht daran denkt, an sie zu denken. First things first.
Durch derlei Überlegungen wird aber keineswegs die Umkehrung gerechtfertigt, dass man etwa leichter glücklich würde, wenn man kein Geld hätte. In meinen Ohren klingt die Feststellung, dass auch arme Leute glücklich sind, ein bisschen wie die Feststellung, dass man dann ja nichts mehr zur Verbesserung ihres Zustands beitragen könnte. (Das mag für einen Hardcore-Utilitaristen sogar eine halbwegs überzeugende Überlegung sein.) Ich halte mich aber lieber an Aristoteles, der in seiner Nikomachischen Ethik feststellt, dass a) gutes Leben davon abhängt, dass man tugendhaft ist, b) tugendhaft aber nur sein kann, wer auch einen gewissen Wohlstand mitbringt. Leicht zu sehen ist das bei der Tugend der Großzügigkeit: ist schwer, großzügig zu sein, wenn man nix zum Teilen und Abgeben besitzt. Und weil Aristoteles außerdem vertritt, dass, wer eine Tugend hat, auch alle anderen hat, folgt wohl, dass wer eine Tugend nicht hat, auch alle anderen nicht hat. Und daraus folgt: wer nicht wohlhabend ist, kann a) nicht tugendhaft und b) nicht glücklich sein.
Das ist Philosophie in Hemdsärmeln, ich weiß. Aber wenn Geld nicht glücklich macht: die Abwesenheit von Geld sicher auch nicht!