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02 August 2008

Macht Google dumm?

Nicholas Carr hat das in The Atlantic gefragt, und die ZEIT weist darauf hin. Die Überschrift (auch meine :-)) ist irreführend; Carr stellt zunächst dar, welchen Wandel er bei sich selbst wahrnimmt, wenn es ums Lesen geht. Er meint, sein Internetkonsum habe die Art und Weise, wie er Informationen aus Texten aufnehme und verarbeite, verändert, nämlich von der langen Aufmerksamkeitsspanne und dem deep reading hin zum "skimming" und der Konzentration auf kleine Informationshäppchen. Dabei versucht er zu zeigen, dass, je mehr wir mit dem Internet machen, das Internet auch etwas mit uns macht:
Yet, for all that’s been written about the Net, there’s been little consideration of how, exactly, it’s reprogramming us.
Es "reprogrammiert" uns! Wenn wir nicht aufpassen, werden wir zu unmenschlichen Computern, die bloß noch Informationen suchen und verarbeiten!

Ja, da lässt sich natürlich leicht drauf antworten, dass selbst schuld ist, wer sich reprogrammieren lässt. Oder dass gerade die Leute, die das Internet häufig nutzen, auch viel lesen. Denn gegen derlei steht ja Carrs Befund, dass er dies bei sich selbst wahrnimmt, und er ist ja eigentlich gerade so ein Vorzeigeintellektuell-Vielleser.
Außerdem ist Clay Shirkys Antwort im Britannica-Blog ein ziemlicher Witz. Wenn Carr feststellt, dass deep reading ihm nicht mehr möglich sei, dann hilft Shirkys Feststellung, er habe das ohnehin noch nie gemacht, und auch niemand, den er kenne (so fasse ich seine Bemerkung über Krieg und Frieden und Auf der Suche nach der verlorenen Zeit zusammen) natürlich nichts.

Mir geht's hier eigentlich nur um die Gleichsetzung von Google, oder: Suchmaschine, und Internet. Suchen und Finden ist eine tolle Sache. Wie kann uns das dümmer machen? Die Antwort, die Carr da gibt, ist aristotelisch: durch Gewohnheit. Wir üben im Internet ein bestimmtes Verhalten ein, und davon können wir nicht mehr lassen anderswo. Allerdings scheint mir das im Falle Carrs eine typische deformation professionelle, die in direktem Zusammenhang steht mit der Zeit, die er selbst im Internet verbringt. Muss man ja aber nicht!
Interessanter, ob das Internet die Ausbildung von deep reading-Fertigkeiten in Jugendlichen verhindert, also anders ausgedrückt, ob es Leute gibt, deren Mediennutzung vom Internet nicht "reprogrammiert", sondern gerade erst "programmiert" wird.

10 Januar 2006

Was ist Information? Und wieviel gibt es?

Grad hab ich eine Webseite gefunden, auf der Peter Lyman und Hal Varian von der University of California in Berkeley der Frage nachgehen, wieviel "Information" pro Jahr geschaffen wird. Diese Studie stammt von 2003, d.h. verwendet Daten von 2002, und ermöglicht einen Vergleich mit deren Vorgängerstudie von 2000 (1999):
Lyman, Peter and Hal R. Varian, "How Much Information", 2003. Retrieved from http://www.sims.berkeley.edu/how-much-info-2003 on [10.1.2006].

Der Zusammenfassung kann man entnehmen, dass pro Jahr 5 Exabyte oder 37.000 mal die Library of Congress (die 20 Mio Bücher enthält) an "Information" "kreiert" wird.
Was ist Information? Heißt das einfach, dass, wollte man die Medien der Library of Congress in einem bestimmten Datenformat abspeichern, man das 37.000 mal tun müsste, damit man den Speicherplatz verbraucht, den die übrigen wie immer gearteten Daten verbrauchen, die jedes Jahr neu geschaffen werden? Der Vergleich mit der LoC sorgt eher dafür, dass es klingt, als würde jedes Jahr 37.000 mal so viel Wissen produziert wie in den Büchern der LoC gespeichert ist. Aber der Gedanke natürlich quatsch. Schließlich lässt sich die Menge an Daten (= "Information") nicht in die Menge an Wissen etc. (= Sinn der Daten) übersetzen. Wieviel Wissen in so verstandenen Informationen steckt, kann man diesen gar nicht ansehen. Dieser Text hier z.B. würde eine unterschiedliche Menge an Information sein, je nachdem, ob ich ihn als .txt, als .rtf, als .doc oder als .pdf ablege. Was die Informationswissenschaftler als "Information" dabei mitrechnen, sind solche Dinge wie Schriftformatierung und die automatisch erzeugten Metadaten, welche die Programme dem Text mitgeben. Dabei reden wir aber kontinuierlich vom selben Text (was für eine Art von Identität ist das?), entsprechend vom selben Wissen, das er transportiert.
Der Vorteil des engen Informationsbegriffs der Studie ist natürlich, dass sich Information so messen lässt. Das scheint mir aber auch der einzige zu sein...

24 Oktober 2005

Haben informationelle Entitäten auch Rechte?

Manche Philosophen erfinden sich ihre Arbeitsgebiete; sie können sich dann jahrelang damit beschäftigen, mit anderen über die Berechtigung ihrer Erfindung zu streiten. Bei den angewandten Ethiken ist noch viel Platz. Kürzlich las ich in einem systematischen Überblick, dass sich die Moraltheorie folgerichtig von einem anthropozentrierten zu einem biozentrierten Bild gewandelt habe, oder mit anderen Worten: von der Gesellschafts- zur Umweltethik. Die beiden Philosophen Luciano Floridi und Jeff Sanders schlagen in ihren gemeinsamen Arbeiten vor, eine aus ihrer Sicht grundlegendere ethische Theoretisierung zu wählen (hier ein Zitat aus Mapping the foundationalist debate in computer ethics (2002), eine neuere Fassung des gleichen Aufsatzes in: Readings in CyberEthics, hg. von Richard A. Spinello und Herman T. Tavani, 2. Aufl., Sudbury/MA : Jones and Bartlett, 2004, 81-95):
Information Ethics ... is a non-standard, environmental macroethics, patient-oriented and ontocentric, based on the concepts of information object/infosphere/entropy rather than life/ecosystem/pain. The definition requires some comments.
In der Tat! Die klassische Ethik sei subjekt- und handlungszentriert und hätte nur wenig Interesse an dem Objekt der moralischen Handlung. Umweltethik geht da einen Schritt weiter, weil sie immerhin auch die Auswirkungen der Handlungen betrachtet. Aber immer noch stehe das Leben im Mittelpunkt.
Information ethics suggests that there is something even more elemental than life, namely being, understood as information; and something more fundamental than pain, namely entropy. According to Information Ethics, one should also evaluate the duty of any rational being in terms of contribution to the growth of the infosphere, and any process, action or event that negatively affects the whole infosphere. ... The ethical question asked by Information ethics is: "What is good for an information entity and the infosphere in general?"
Und was ist eine "information entity"? "Human beings as well as animals, plants, and artifacts". Und jede dieser Entitäten hat "moral claims".
Theoretisch sieht das in meinen Augen elegant aus, was Floridi und Sanders machen, diese Bewegung der Umarmung der klassischen ethischen Theorien. Aber praktisch frage ich mich, was für "moral claims" z.B. Bücher haben können. Und ob diese Moral Claims den Information Entities als Klasse oder einer bestimmten Entity als Individuum zugeschrieben werden. Und wie man sie erkennt.

Selbstverständlich ist auch dieser Blogbeitrag eine Information Entity, also passen Sie auf, wie Sie ihn lesen! Er ist schnell beleidigt...