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24 Oktober 2005

Haben informationelle Entitäten auch Rechte?

Manche Philosophen erfinden sich ihre Arbeitsgebiete; sie können sich dann jahrelang damit beschäftigen, mit anderen über die Berechtigung ihrer Erfindung zu streiten. Bei den angewandten Ethiken ist noch viel Platz. Kürzlich las ich in einem systematischen Überblick, dass sich die Moraltheorie folgerichtig von einem anthropozentrierten zu einem biozentrierten Bild gewandelt habe, oder mit anderen Worten: von der Gesellschafts- zur Umweltethik. Die beiden Philosophen Luciano Floridi und Jeff Sanders schlagen in ihren gemeinsamen Arbeiten vor, eine aus ihrer Sicht grundlegendere ethische Theoretisierung zu wählen (hier ein Zitat aus Mapping the foundationalist debate in computer ethics (2002), eine neuere Fassung des gleichen Aufsatzes in: Readings in CyberEthics, hg. von Richard A. Spinello und Herman T. Tavani, 2. Aufl., Sudbury/MA : Jones and Bartlett, 2004, 81-95):
Information Ethics ... is a non-standard, environmental macroethics, patient-oriented and ontocentric, based on the concepts of information object/infosphere/entropy rather than life/ecosystem/pain. The definition requires some comments.
In der Tat! Die klassische Ethik sei subjekt- und handlungszentriert und hätte nur wenig Interesse an dem Objekt der moralischen Handlung. Umweltethik geht da einen Schritt weiter, weil sie immerhin auch die Auswirkungen der Handlungen betrachtet. Aber immer noch stehe das Leben im Mittelpunkt.
Information ethics suggests that there is something even more elemental than life, namely being, understood as information; and something more fundamental than pain, namely entropy. According to Information Ethics, one should also evaluate the duty of any rational being in terms of contribution to the growth of the infosphere, and any process, action or event that negatively affects the whole infosphere. ... The ethical question asked by Information ethics is: "What is good for an information entity and the infosphere in general?"
Und was ist eine "information entity"? "Human beings as well as animals, plants, and artifacts". Und jede dieser Entitäten hat "moral claims".
Theoretisch sieht das in meinen Augen elegant aus, was Floridi und Sanders machen, diese Bewegung der Umarmung der klassischen ethischen Theorien. Aber praktisch frage ich mich, was für "moral claims" z.B. Bücher haben können. Und ob diese Moral Claims den Information Entities als Klasse oder einer bestimmten Entity als Individuum zugeschrieben werden. Und wie man sie erkennt.

Selbstverständlich ist auch dieser Blogbeitrag eine Information Entity, also passen Sie auf, wie Sie ihn lesen! Er ist schnell beleidigt...

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