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16 März 2008

Alter Text von mir

Ich habe meine literaturwissenschaftliche Magisterarbeit digitalisiert und auf den Erlanger Hochschulschriftenserver gelegt:
<http://www.opus.ub.uni-erlangen.de/opus/volltexte/2008/845/>. Die Arbeit entstand 1996 an der Uni Göttingen und heißt "Ich-Konzepte". Es geht um das Selbstverständnis von Figuren, vor allem von Ich-Erzählern, und wie die Sprache des Erzählens Aufschluss gibt darüber, ob das ausgesagte Ich-Konzept stimmt. Also über das, wittgensteinsch ausgedrückt, Verhältnis von Sagen und Zeigen in der Analyse von Figuren. Hauptsächlich habe ich Thomas Bernhards Auslöschung. Ein Zerfall, Peter Roseis Persona und Peter Handkes Mein Jahr in der Niemandsbucht untersucht. Zu Rosei gibt es ohnehin nicht so viel Forschungsliteratur, da ist es nicht schwer, etwas Substantielles beizutragen. Für Handke und Bernhard, die sicher meistbesprochenen Gegenwartsautoren Österreichs, ist das schwieriger. Trotzdem, denke ich, entwickelt die Studie eine originelle und begründete Interpretation der Auslöschung, indem sie die (typisch Bernhardsche) Monomanie des Erzählers als Ausweis seiner psychischen Beschädigung begreift, als unwillkürliches Zeigen eines Ichs, das vom erzählten Ich-Konzept entlarvend abweicht.
Zu Handkes Text gab es 1996 auch noch keine Literatur, das hat sich vermutlich inzwischen geändert. Trotzdem bin ich sicher der erste, dem aufgefallen ist, dass die erzählte Zeitlinie der Ereignisse in dieser Erzählung nicht stimmt (was die Rekonstruktion der Ereignisse für den Interpreten etwas erschwert :-)), vgl. die Tabelle im Text. -- Das Handke-Kapitel bietet nicht nur eine Interpretation des Textes für sich, sondern geht auch den autointertextuellen Bezügen auf andere Werke Handkes nach, auf Die Stunde der wahren Empfindung, Die Wiederholung und Langsame Heimkehr. Da mich immer eher die Unterschiede eines Textes zu anderen desselben Autors interessieren, habe ich bei der Handke- wie bei der Bernhard-Analyse die interpretierten Texte nicht als Fortsetzung eines Bernhardschen oder Handkeschen Gesamterzählprojekts gesehen, und dementsprechend auch Züge, die andere als stilistische Marotten der Autoren interpretieren würden, als stilistische Marotten der Ich-Erzähler analysiert. Was mir die Texte stärker zu öffnen scheint...

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