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16 September 2008

Beabsichtigte Nebeneffekte

Bin über das Buch Experimental philosophy, hg. von Joshua Knobe und Shaun Nichols (Oxford : Oxford University Press) auf einen interessanten Aufsatz gestoßen. Auf die Webseite zur experimentellen Philosophie hatte ich hier schon hingewiesen.
Joshua Knobe veröffentlichte 2003 in Analysis 63, 190-193 einen Aufsatz (hier als pdf online) mit dem Titel Intentional action and side-effects in ordinary language. Darin beschäftigte er sich nicht mit der Frage, wie er den wohl Nebeneffekte von Handlungen beurteilen würde, sondern, mit den Methoden der experimentellen Psychologie, wie andere darauf reagieren. Er präsentierte seinen Probanden jeweils eines der beiden Szenarien:
A) ein Geschäftsmann entscheidet sich für eine bestimmte Handlung. Er weiß, dass diese Handlung zwei Folgen hat. 1. er wird ganz viel Geld verdienen, 2. die Handlung wird der Umwelt schaden. Doch während 1. ihm wichtig ist, ist 2. ihm egal.
B) ein Geschäftsmann entscheidet sich für eine bestimmte Handlung. Er weiß, dass diese Handlung zwei Folgen hat. 1. er wird ganz viel Geld verdienen, 2. die Handlung wird die Umweltbedingungen verbessern. Doch während 1. ihm wichtig ist, ist 2. ihm egal.
Die Probanden sollten entscheiden, ob der Nebeneffekt "2." jeweils absichtlich herbeigeführt worden war. Dabei zeigte sich für die Mehrheit der Antworten eine Asymmetrie: In Szenario A wurde überwiegend der Nebeneffekt des Schadens als absichtlich beurteilt, in Szenario B der Nebeneffekt des Nutzens überwiegend nicht. Woran liegts?
Die offensichtliche Antwort ist, dass schlechte (Neben-)Folgen stärker in Betracht gezogen werden als gute. Das scheint mir ohnehin auf der Hand zu liegen, weil wir auch ein asymmetrisches moralisches Vokabular haben. Man kann nämlich über schlechte Folgen sagen, dass man sie "in Kauf genommen" hat, während es bei guten keinen entsprechenden Ausdruck gibt. Vorausgesehene schlechte Folgen führen immer dazu, dass bei der Handlungsbegründung ein "obwohl" stehen muss: "Ich wollte dies, obwohl ..." Bei guten Folgen ist das gleichgültig, weil überhaupt kein moralisches Urteil der Handlung gefragt ist.

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