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18 September 2008

Philosophie in D

Neulich hat Marion Hartig im Spiegel Online unter dem reißerischen Titel Gehen Deutschland die Denker aus? ein paar interessante Dinge niedergeschrieben; ein Kollege machte mich darauf aufmerksam.
Ich habe aus dem Artikel einiges gelernt. Nida-Rümelin etwa wird zitiert mit der Feststellung, "kein Fach" sei "so stark am Puls der Zeit" wie die Philosophie. Als Beleg werden dann drei Fragen angeführt: ist Folterandrohung in der Verbrechensbekämpfung erlaubt? Stammzellenforschung? Sterbehilfe? Glaubt man dem, besteht die Aktualität der Philosophie in der praktischen Ethik.
Carl Friedrich Gethmann, zur Zeit Präsident der DGPhil, wird ebenfalls befragt, und er findet, dass die deutschen Philosophen mit den Briten und Amerikanern "auf Augenhöhe" seien. Dies ist sicher eine Qualitätsbeurteilung; ich läse das gern mal umgemünzt in eine bibliometrische Untersuchung über die jeweilige Rezeption!
Gethmann heißt gut, dass sich das Fach neu orientiert habe. In den 60er Jahren seien "60% der Lehrstühle auf die Geschichte der Philosophie ausgerichtet" gewesen, "heute nur noch 20" (Prozent). Heißt das, dass eine systematische Unterrichtung der Studierenden in historischen Themen nur an philosophischen Seminaren stattfindet, die mindestens fünf Lehrstühle haben?
An deutschen Hochschulen gebe es etwa 150 Lehrstühle, wenn davon 20% historisch gewidmet sind, dann sind das 30 Lehrstühle für Philosophiegeschichte. Vielleicht meinte Gethmann aber auch nicht Lehrstühle, sondern Professuren, deren es etwa 330 gibt (sagt der Artikel). Und während in den letzten 12 Jahren die Studierendenzahlen von 24.000 auf 15.000 gesunken seien, sei die Zahl der Professoren nicht zurückgegangen. Was folgern wir aus diesen Zahlen?
Hat sich das Betreuungsverhältnis gebessert?
Auch die Zahlen selbst wirken etwas merkwürdig. Der Wissenschaftsrat hat in seiner Erhebung zur Lage der Geisteswissenschaften (pdf) in Deutschland, die ich schon mal kommentierte, zwischen 1990 und 2003 ein Schwanken um 20.000 Studierende zu verzeichnen (statistischer Anhang). Das "Wissenschaftliche Personal" ist zwischen 1997 und 2003 sogar leicht gestiegen, von 1097 auf 1127 (S. 138), Professuren gibt 1997 und 2003 299.

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