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08 Februar 2006

Kampf der Kulturen?

Die Auseinandersetzungum die Mohammed-Karikaturen in einer dänischen Tageszeitung und deren Nachdrucke "aus Solidarität" in weiteren Zeitungen und Zeitschriften könnte eine ganze Reihe von bedenkenwerten Fragen aufwerfen:
Gelten islamische Gebote auch für uns? Können die von uns verlangen, dass wir uns an ihre Gebote halten? -- Dies vor dem Hintergrund, dass es nicht nur (aber auch) um die Verletzung religiöser Gefühle zu gehen scheint. Letzteres ist eine verständliche, kaum zu kritisierende Vorstellung, für die man sich, um sich an die eigene Nase zu fassen, hier nur an die Debatten um Scorseses Die letzte Versuchung oder früher Monty Pythons Das Leben des Brian zu erinnern braucht. Da stören dann nur mehr die mit diesem Gefühl begründeten angedrohten Handlungen. Aber es scheint auch die schlichte Verletzung eines religiösen Gebots in der Argumentation eine Rolle zu spielen. Also: Gelten deren Gebote auch für uns? Könnte ein Moslem konsistenterweise darüber wütend sein, dass ein Christ Mohammed malt? Wie verträgt sich das islamische Bilderverbot mit der Tatsache, dass es haufenweise islamische Abbildungen Mohammeds gibt? Im Netz sind schöne Beispielsammlungen zu finden. In dieser hier sieht man zudem, dass Christen das Gebot schon früher verletzt haben. So könnte man auf die Idee kommen zu fragen, wie gerade jetzt etwas verboten sein kann, was wir immer schon gemacht haben (Gewohnheitsrecht!). So gibt es zahlreiche italienische Kirchen, die das Programm ihrer Fresken Dantes Göttlicher Komödie entnehmen, deshalb auch einige, wo zu sehen ist, wie Mohammed als "falscher Prophet" in der Hölle von Teufeln gequält wird. Dass wir im Umgang mit einem solchen Bilderverbot wenig sensibel sind, ist klar, wir halten uns ja nicht mal an das eigene (vgl. die Erschaffung Adams in der Sixtinischen Kapelle).
In der oben zitierten Bildersammlung ist auch ein Bild eines islamischen "Künstlers" vom jungen Mohammed; offenbar zugelassen von einem moslemischen Geistlichen, weil es den Propheten vor seiner Berufung darstellt. (Mit solchen Argumentationsformen haben wir auch Erfahrung; nicht umsonst spricht man von "jesuitischen " Argumenten.)
Geht es bei uns um die Meinungs(äußerungs)freiheit, die von der dänischen Tageszeitung ins Feld geführt wurde? Oder um die Freiheit der Kunst? Oder um die Gestaltung des säkularen Staats? Vielleicht geht es auch bloß um die politische Indienstnahme des Unmuts durch Medien und Meinungsführer. Kennen wir nicht?

Unsere liebe Bildzeitung titelte neulich, Sabine Christiansen und ihr Lebenspartner hätten sich getrennt. Am nächsten Tag titelte Bild "Das ist seine Neue". Der unbedarfte Leser könnte auf die Idee kommen, dass Christiansens Ex-Freund, ein Tag, nachdem die sich getrennt haben, schon wieder eine neue Freundin hat. Promiskuität! Unmoralisch! OK, das ist keine politische Indienstnahme, nur eine ökonomische.

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