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09 Januar 2006

Lotterie und Wissen

Neulich unterhielt ich mich mit einem Freund, der nach gemeinsamem Studium nun neben anderen Fächern Philosophie unterrichtet. Er berichtete von den Klassen, die er unterrichten muss, wie er sie vorgefunden hatte. Ein spezielles Problem ist die Auswahl der Themen. Eine der (höheren) Klassen sagte, sie hätten das letzte halbe Jahr sich mit "Angst" beschäftigt. Kierkegaard, Heidegger usw. Ich fragte ihn, warum er nicht mal ein analytisches Thema nähme (ich weiß, dass er sich da auskennt). Zumindest die Art der Philosophie und ihre Texte seien doch leichter verständlich und böten daher eine nicht so hohe Hürde. Er gab zu Bedenken, dass die Schüler sich mit etwas beschäftigen wollten, was mit ihrem Leben zu tun hat. Und da ist "Angst" nun mal näher dran als, sagen wir, der Begriff des Wissens.
Das zeigte mir wieder mal, wie seltsam es ist, Fragen interessant zu finden wie die folgende, die John Hawthorne in seinem neuen Buch Knowledge and lotteries (Oxford 2004) behandelt (vgl. auch die Bemerkungen von Herbert Huber auf seiner Webseite Gavagai), das sogenannte Lotterie-Paradox:
Wenn jemand sagt, er weiß, dass er nächstes Jahr nicht genug Geld hat, um nach Afrika zu reisen, würden wir dem wohl zustimmen: das ist etwas, dass man wissen kann. Spielt derjenige Lotto, ändert das nichts, obwohl dann die geringe Möglichkeit besteht, dass er im Lotto gewinnt und anschließend genug Geld hat. Es erscheint immer noch plausibel zu sagen: "Er weiß, dass ..."
Allerdings folgt aus dem Wissen, dass er kein Geld haben wird das Wissen, dass er nicht im Lotto gewinnen wird -- und das ist ja falsch. Wie muss man den Wissensbegriff anpassen? Ist Wissen Glückssache? (Hawthorne weiß es nicht :-))

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