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09 Januar 2007

It's no argument, it's just contradiction

Gerade habe ich ein gruseliges Büchlein vor mir liegen. Es heißt Philosophy is no mystery, was ja ganz harmlos klingt. Aber der Untertitel verrät die Richtung: "peasants put their study to work". Erschienen in der Foreign languages press in Peking, 1972. Das Heft fängt mit einer Editor's Note an:
In recent years there occurred in China an upsurge in the mass movement to study Chairman Mao's brillian philosophic thinking. The broad masses of workers, peasants and soldiers at the forefront of the upsurge study philosophy in the three great revolutionary movements of class struggle, the struggle for production and scientific experiment. With philosophy as their sharp weapon, they untangle the knotty problems facing them, especially the problems arising in the course of the struggle between the two lines -- the proletarian revolutionary line and the counter-revolutionary revisionist line.

Und so weiter. Tatsächlich erzählt das Buch einige Fälle, und die sind traurig genug. Sie stammen von der "Chinchien Production Brigade of Kiangshan County, Chekiang Province". Die sind Bauern, die wenig fruchtbare Erde bearbeiten. Wenn es regnet, kann die Erde das Wasser nicht halten. In jeder Brigade gibt es neben den Äckern auch "Ponds", Teiche, die zum Fischezüchten angelegt wurden. In einigen werden diese gemeinsam bewirtschaftet, in anderen dürfen einzelne diese mieten und nutzen. 1964, berichtet das Heft, ist ein dürres Jahr. Man schlägt vor, Wasser aus den Teichen zu nutzen, aber dagegen wenden sich die Mieter: schließlich haben sie ja für den Teich bezahlt. Hier gibt es eine "contradiction", und um die zu lösen, studieren die Bauern Maos "On contradiction". Netterweise berichtet das Heft auch von den Verständnisschwierigkeiten und den komplizierten Wörtern des Werks. Natürlich hilft es nicht, wenn man Studenten aus der Stadt um Hilfe bittet (wie in der DDR: die Werktätigen müssen die Schwierigkeiten alleine anpacken), die es nicht verstehen, das Gelesene so zu erkären, dass es für die Praxis anwendbar wird. Wie wird es anwendbar? Na, indem der "Widerspruch" zwischen den konterrevolutionären Eigeninteressen der Mieter und den kollektiven Interessen der Brigade zugunsten letzterer aufgelöst wird. Natürlich in gut sozialistischer Manier durch die Selbsterkenntnis der Egoisten.

Eine traurige Geschichte in mehrerlei Hinsicht: Die Verschwendung von Arbeitszeit, indem man den Bauern unverständliche Werke vorsetzt, die Unausweichlichkeit der Lösung, die Demütigung und der Zwang zur Selbstkritik, und, weniger wichtig: dass dies alles Philosophie genannt wird.

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