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13 Januar 2007

Theorie des Mülls?

Roger Fayet, der das Museum Bellerive in Zürich leitet (geleitet hat?), ist ein Müllionär (Mülliralala): er hat eine Theorie der Reinheit geschaffen, die natürlich auch auf deren Gegenteil angeht. So trägt sein Buch Reinigungen, 2003 bei Passagen in Wien erschienen, den schönen Untertitel Vom Abfall der Moderne zum Kompost der Nachmoderne. Der Klappentext kündigt übrigens an, dass man vom ersten Teil des Buches ein "bestechendes Erklärungsmodell für Abfallphänomene" erwarten darf. aber eigentlich geht es ihm darum, die Gesellschaft zu beschreiben, und daran richten sich auch seine Erklärungsmodelle (bzw. die Kritik an solchen) aus. "Kompost" und "Reinheit" sind für Fayet die beiden unterschiedlichen Ziele, zwischen denen eine Gesellschaft wählen kann, die mit Abfall umgeht: das eine ist Wiederverwertung, das andere ist Vernichtung.
Lustigerweise ordnet Fayet diesen beiden Zielen die Begriffe Moderne und Postmoderne zu: die Postmoderne ziele auf die "Rückführung der Abfälle in den Bereich der wertvollen Dinge". Daraus folgt -- da werden mir alle zustimmen, die sich noch an die Spruchbänder an Brücken über den Transitautobahnen erinnern, auf denen z.B. stand "Schrott ist ein wertvoller Rohstoff" --, dass die DDR eine postmoderne Gesellschaft sein wollte (oder war?).
Anders ausgedrückt: Fayet verkennt für mich die Rolle, die die Motivation bei der Kompostierung spielt: bin ich bloß ein ökologisch korrekter Resteverwerter, oder versuche ich, mit Mangel zurechtzukommen. Fayets Charakterisierung der Postmoderne klingt für mich ein bisschen nach: "das kann man doch noch gebrauchen" und ist damit, vielleicht, keins von beiden. Postmoderne ist aber auch eklektisch, mit dem Mut zum Wegschmeißen, und damit wohl eine Haltung zwischen den Polen.

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