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21 Februar 2007

Ethik des Gedankenlesens

Darf man Leute verurteilen für Verbrechen, die sie noch nicht begangen haben? In Philip K. Dicks Story Minority Report ist das keine Frage: die Polizeieinheit Precrime bedient sich der Hilfe von drei "Praecogs", die Verbrechen voraussagen, um rechtzeitig an Ort und Stelle das Verbrechen zu verhindern und die Beinahe-Täter zu verhaften. Steven Spielberg hat daraus einen Thriller gemacht, der die Voraussage-Paradoxie-Thematik der Erzählung entschärft (aber das ist eh eine andere Geschichte). Gleich ist jedenfalls in Erzählung und Film die Ausgangspointe, dass der Chef der Einheit eine Voraussage erhält, er selbst werde jemanden ermorden. Im Film führt dies zum Versuch des Polizisten, seine Handlungsfreiheit zu beweisen: was dann aber bedeuten würde, dass das System fehlerhaft und also ungerecht ist. Und wenn die Kenntnis der Voraussage, man werde ein Verbrechen begehen, dazu führen kann, dass man das Verbrechen nicht begeht, ist es dann nicht unmoralisch, den Betroffenen die Prophezeiung vorzuenthalten?

Wired online berichtete schon vor einer Woche, dass nun Wissenschaftler einen Durchbruch meldeten beim Versuch, die Messung von Gehirnaktivität zum 'Gedankenlesen' zu benutzen. Ich finde den Artikel interessant: Jennifer Grannick von der Stanford Law School bedenkt darin -- neben dem noch enormen Abstand dieses "Durchbruchs" zum praktischen Einsatz zu welchem Zweck auch immer -- die möglichen Folgen für die Gesellschaft, sollte die auf die Idee kommen, Gedankenlesen zur Prävention einsetzen zu wollen. Sie hält es für möglich, dass sich die technischen Möglichkeiten schneller entwickeln als die passende moralische Reflexion. Man könnte natürlich mit einem Verbot des 'Gedankenlesens' reagieren: das wäre bestimmt die Option der deutschen Politik.

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