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28 Februar 2006

Wittgenstein und Judentum

Ranjit Chatterjee schreibt darüber in seinem neuen Buch Wittgenstein and Judaism : a triumph of concealment (Lang 2005). "This radical new reading suggests that Wittgenstein is best understood as a covert Jewish thinker in times of lethal anti-Semitism." Wittgenstein habe "talmudic and rabbinic modes of thought" internalisiert. Leider kann ich nicht beurteilen, ob der Tractatus oder die Philosophischen Untersuchungen einer talmudischen oder rabbinischen Denkweise entsprechen. Hier gibts eine Rezension von etwas berufenerer Seite.

3 Kommentare:

  1. Das ist witzig. Dieselbe Diskussion wurde sowohl über Derrida als auch über Benjamin geführt. Ich halte von sowas nicht besonders viel.
    Klar gibt es im Judentum eine besondere Praxis der Schriftauslegung und die Beschäftigung mit Sprache ist in der Kabbala ja auch sehr zentral. Es scheint aber fast so, als könne sich kein (ganz-, halb-, sonstwie-)jüdischer Philosoph mit Sprache befassen, ohne dass seine Theorien gleich auf sein Jüdischsein bezogen werden. Solche Zusammenhänge kann man immer konstruieren, man kann es aber auch lassen.

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  2. Ganz der gleichen Meinung -- und gilt ebenso für jüdische Literaten. Wie man die Frage (ist das nun ein talmudisch / rabbinisch / kabbalistisch beeinflusstes Element im Denken von xy?) beantwortet, hängt immer davon ab, wie gut man sich in der entsprechenden Tradition auskennt. Wichtig ist aber auch, dass man sich in anderen Traditionen auskennt, so dass man beurteilen kann, ob ein in bestimmter Hinsicht als typisch erachtetes Element nicht auch aus anderen Quellen stammen (oder einfach originell sein) könnte. So weiß ich z.B., dass Wittgenstein Lichtenberg gelesen hat, und könnte auf die Idee kommen, dass sein aphoristischer Stil von dieser Lektüre beeinflusst ist.

    Über Kafka und die Forschung zum Jüdischen in seinem Werk habe ich die Kritik gelesen, dass das Bild des Judentums, was dort meist bemüht werde, dem entspricht, was Gershom Sholem in seiner Darstellung der Kabbalah bringt. Man muss sich wirklich gut auskennen, um so etwas überhaupt zu merken.

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  3. Bei Benjamin liegt der Fall ähnlich. Das jüdische seines Werkes wird vor allem an Scholems Auslassungen über die Kabbala festgemacht. Dabei ist es Scholem gewesen, der im Gegenteil viele benjaminsche Denkweisen in die Kabbalainterpretation mit einbrachte. Die alte Henne-Ei Geschichte ;-)

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