Nehmen Sie eine Karte von einem kompletten 52er Spiel. Wenns eine Sieben ist, gibt's dafür 100 Euro, wenns Kreuz ist, gibt's 25 Euro, andernfalls kostet das Spiel 10 Euro.
Spielen Sie? Tja: die Entscheidung hängt (rationalerweise) davon ab, ob Sie genug Geld haben, mehrfach zu spielen. Beim einfachen Spiel ist die Chance zu verlieren 69% (36/52). Spielen Sie eine Serie, dann muss man stärker berücksichtigen, wie hoch Gewinn und Verlust jeweils sind: (100 € x 4/52) + (25 € x 13/52) -- (10 € x 36/52) ist das durchschnittliche Spielergebnis: 7,04 € Gewinn pro Spiel. Viel besser als Roulette.
Das Beispiel stammt aus dem Buch The Moral Wager : Evolution and Contract (Dordrecht : Springer, 2007), in dem der Verfasser Malcolm Murray (Kanadier!) für eine Art Evolution moralischer Prinzipien plädiert. Es zeigt (was natürlich auch die Ethik längst weiß), dass Handlungsregeln (die sich als Serie von Einzelnhandlungen auffassen lassen) anders zu beurteilen sind als Einzelhandlungen. Murray meint dann zeigen zu können, dass sich eine bestimmte Handlungsregel als die erfolgreichste durchsetzt: "Don't do unto others without their consent".
Stimmt seine Betrachtung, dann ist das eine statistische Antwort auf die Frage "Warum moralisch sein?", die zugleich erklärt, warum es so schwierig ist, im Einzelfall zu zeigen, das moralisches Handeln sich lohnt.
Das ist nicht korrekt. Es ist völlig egal, ob ich einmal oder mehrmals spiele.
AntwortenLöschenWenn ich nur einmal spiele, dann gehe ich ein deutlich höheres Risiko ein, zu verlieren, jedoch wäre mein Gewinn auch höher (Weil keine Verlustspiele dabei sind).
Die Entscheidung hängt also (einen positiven Erwartungswert vorausgesetzt, ich habe jetzt keine Lust, die Kartenverteilung eines 52-Karten-Spiels nachzusehen), ob der Verlust mir nicht einen relativ größeren Schaden zufügen würde als der der Gewinn Nutzen bringt (Stichwort: Nutzenkurven). Kann ich die 10 Euro gut verschmerzen und ist der Erwartungswert positiv, kann ich problemlos auch nur einmal spielen.
Oh, sorry, es steht ja drin. Also positiver Erwartungsnutzen. Das Problem ist, dass der Autor Geldbeträge aggregiert, was Quatsch ist. Wenn ich 500 Euro verdiene, dann werde ich kein Spiel spielen, bei dem ich mit 50% Wahrscheinlichkeit 1500 € gewinne und mit 50% Wahrscheinlichkeit 1000 Euro verliere (Erwartungsgewinn 250€)
AntwortenLöschenDenn die 1000€ hätten zwar großen Nutzen für mich, aber der Verlust meines doppelten sowieso knappen Monatsgehaltes wäre ruinös. Deswegen sind natürlich die Nutzenwerten zu aggregieren, die sich im Allgemeinen deutlich nicht-linear auf den Gütern ergeben (insbesondere wenn es etwas ist wie Geld, das keinen intrinsischen Wert hat).
Vgl. z.B. Harsanyi, Rational Behavior and Bargain Equilibrium in Games and Social Situations zur Konstruktion und Existenz der Nutzenfunktionen.
Das ist aber ein verbreiteter Denkfehler, den viele Gegner des von Utilitarismusvarianten gerne machen.
Das scheint mir jetzt genau der Punkt zu sein. Mehrfaches Handeln wäre also bei diesen Beträgen eh nur möglich, wenn man den Verlust verschmerzen kann bzw. wenn man genug Geld hat.
AntwortenLöschenGeld ist ja nur ein Beispiel, weil sich kein Streit darüber ergibt, welchen Wert es hat.
Dass die Menschheit noch existiert, scheint mir ein hinreichender Grund zu sein, nicht an solcherart Ethik zu glauben.
AntwortenLöschenDass die Menschheit noch existiert, scheint mir ein hinreichender Grund zu sein, an solcherart Ethik zu glauben.
AntwortenLöschenJedes System, dass auf andere Größen aufgebaut hat als rationale Nutzenabschätzungen ("Halt deine andere Backe hin" (Christentum), "Alles gehört der Gemeinschaft" (Kommunismus)) ist völlig in die Hose gegangen.
Gewöhnlich wurde als Ersatz für untaugliche Regelsystem dann tatsächlich einfach vernünftig (wenn auch oft unnötig [mit Augenmerk auf Gefangenendilemmata] egoistisch) abgewägt.