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25 Juli 2006

Vorurteile 1801

Gerade habe ich hier ein kurioses kleines Büchlein, die Anthropologischen Abhandlungen von Karl Ludwig Pörschke, noch zu Lebzeiten Kants 1801 in Königsberg veröffentlicht (und hier für 3 Euro als Scan zu kaufen). Pörschke meint, wenn man die "herrschende Neigung oder Leidenschaft" eines Menschen kenne, bereits "das Hauptmittel, ihn zu erforschen" besitze. Und trägt dann vor, was er für die "herrschenden Neigungen" der Völker hält; schließlich müsste sich ja angeben lassen, wenn einzelne Menschen solche Leidenschaften hätten, welche in einem Volk die stärkste sei.
Ich fasse das mal zusammen :-), nicht gerade ad usum delphini...
Nach Pörschke ist die herrschende Neigung der Spanier die Ruhe: "da sie in dem heißen Klima den Hang zur Unthätigkeit zu einem Bestandtheile ihres Wesens gemacht zu haben scheinen" (S. 214).
Von den Engländern meint Pörschke: "ihre herrschende Neigung ist offenbar das Eigenthum, (und der Genuß desselben,) um dessentwillen sie die Gerechtigkeit und Menschlichkeit nicht selten mit Füßen treten, und gern alle Völker tyrannisieren möchten" (S. 218-219). Positiv gesprochen: Frühe Kolonialismuskritik?
Franzosen: "die Geselligkeit ist ihr Bedürfniß, sie theilen sich gern und mit Leichtigkeit mit" (S. 225). Das hat leider dazu geführt, dass die Franzosen "die Disciplin der Weiber und de[n] Wohlstand oft vernachläßigt" haben. (S. 232)
Deutsche: "die Neigung zur Ehre" beherrsche die Deutschen, was dazu führe, dass sie gegenüber anderen Völkern, deren Meinung sie höher achteten als die eigene, "unterwürfig" seien.
Italiener: ihre herrschende Neigung sei der "Geschmack", gemeint: die Neigung "zu Genüssen der Werke der Einbildungskraft, oder ein Wohlgefallen an dem Schönen". Das schlage sich auch in den Umgangsformen nieder, die sehr fein ausgebildet seien.

Ein paar Konstanten zu heutigen Vorurteilen kann man schon erkennen...

2 Kommentare:

  1. wollt grad sagen. Das stimmt ziemlich mit meinen eigenen Vorurteilen überein. Ist das nur die Macht der Tradierung?

    Immerhin: die Neigung des gemeinen Italieners "zu Genüssen der Werke der Einbildungskraft" zeigt sich auch in der ausgefeilten Schwalbenchoreographie ihrer Nationalmannschaft ;-)

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  2. Oh, da hab ich vor allem Christiano Ronaldo von den Portugiesen in Erinnerung

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