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24 März 2009

Das Gesicht des Bösen

Das Museum zu Allerheiligen Schaffhausen hat mit dem von Roger Fayet zur gleichnamigen Ausstellung herausgegebenen Buch Die Anatomie des Bösen einen "Schnitt durch Körper, Moral und Geschichte" vorgelegt. Das Buch gilt, zur Hälfte, weniger der tatsächlichen Physiognomik des Bösen als vielmehr dem Bild, das man sich zu verschiedenen Zeiten von ihm gemacht hat -- von den Teufeln auf Bildnissen des Mittelalters bis zur Phrenologie des Cesare Lombroso. Drei weitere Aufsätze beschäftigten sich mit dem Bösen heute, darunter ein Interview mit dem Hirnforscher Hans J. Markowitsch.
Ein kurzer Blick in dieses zeigt mir aber schon, dass ich das wohl mit Missfallen lesen würde. Fayet fragt Markowitsch:
Angenommen, eine Person befindet sich in einer Situtation, die verschiedene Handlungsoptionen offen lösst. Hat sie keine Möglichkei, ihr Handeln aufgrund rationaler Überlegung zu steuern?
Eine wichtige Frage: Hat der Mensch Handlungsalternativen? Unsere Antwort lautet nein: Denn wenn er diese hätte, würde er anders handeln. Nochmals: seine bisherige Entwicklung ist prädikativ dafür, wie er sich in einer gegebenen Situation entscheidet. Es ist vorhersagbar, wie jemand handelt, wenn man die Determinanten kenn. Allerdings sind diese in der Praxis selten ausreichend bekannt.

Mir scheint die Antwort an der Frage vorbeizugehen. Denn ein "Prozess rationaler Überlegung" würde ja wohl "determinierend" in die Handlungsentscheidung mit eingehen! Und Markowitschs Verwendung des Wortes "Handlungsalternativen" kann ich auch nicht ganz nachvollziehen. "Wenn jemand Handlungsalternativen hätte, würde er anders handeln" bedeutet im Klartext: Es hat nie jemand Handlungsalternativen, weil nie jemand anders handelt, als er es tut. Aber so verwenden wir das Wort nicht.
Unabhängig von Markowitsch ist das ein spannender geistesgeschichtlicher Blick in das Gesicht des Bösen!

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