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12 März 2009

Neues zur Metapherntheorie

Bilden Sie mal einen Satz mit "Metapher":
»Herr Kapitän, der Steuermann
hat grade lallend kundgetan,
er brächte jetzt das Schiff zum Sinken
me taph er wirklich nicht mehr trinken.«
(Robert Gernhard)

Die Theorie der Metapher ist eines der schönsten Themen auf der Schnittstelle zwischen Sprachwissenschaft, Literaturwissenschaft und Sprachphilosophie, die man sich denken kann. Ich habe das Thema gern im Examen in Sprachwissenschaft benutzt, weil es mir erlaubte, die harte sprachwissenschaftliche Prüfungslast zu reduzieren. (Erfüllte damit denselben Zweck wie die "Sprechakttheorie" für andere Leute.)

Dass die klassische Substitutionstheorie überholt ist, merkt man schon von allein: Metaphern sind keine rhetorischen Figuren, die als Schmuck einer Aussage eingesetzt werden und sich 1:1 rückübersetzen lassen in das, was ohne Schmuck gesagt wird. Solche Überlegung hat ohnehin den Fehler, dass sie sich auf die Produktionsseite beschränkt. In den letzten Jahren richtet sich die Aufmerksamkeit der Forschung vermehrt auch auf die Rezeptionsseite bzw. auf die Frage, was eigentlich passiert, wenn man Metaphern versteht.
Dass da noch andere Disziplinen als Sprach- und Literaturwissenschaft erfolgreich mitspielen, z.B. die Psychologie, zeigt jetzt das umfassende Cambridge Handbook of Metapher and Thought, das Raymond W. Gibbs herausgibt. Der interdisziplinäre Zuschnitt des Handbuchs gibt auch Raum für Überlegungen, wie nichtsprachliche Metaphern funktionieren, oder was im Gehirn passiert beim Verstehen einer Metapher. Perspektivenwechsel und Empirie sind jedenfalls Fortschritte!

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