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27 Juni 2006

Naturgesetze reflektiert

Der mentis-Verlag hat zwei interessante Veröffentlichungen zum Thema zu bieten. Karin Hartbecke und Christian Schütte präsentieren in ihrem Sammelband (mit Inhaltsverzeichnis etc.) die Ergebnisse eines DFG-Projekts zur Geschichte des Naturgesetzbegriffs -- das ist die historische Seite. Und Michael Hampe fasst in seinem Sammelband (mit Inhaltsverzeichnis) die systematische Diskussion des letzten Jahrhunderts schön zusammen von Duhem bis David Lewis und Elder. Schön auch, dass der Verlag den Bänden einen vertretbaren Preis mitgegeben hat!

Wie wird man Minister?

Vielleicht gibt's eine Chance, wenn der vorherige zurücktritt. -- Nach dem Ausscheiden der Niederlande forderte Johann Cruyff, die Fußballegende, den Rücktritt der Einwanderungsministerin (wie Spiegel online berichtet), weil sie der Einbürgerung eines Spieler nicht zugestimmt habe, der jetzt den Niederländern bei der WM gefehlt habe. Damit habe sie nicht den Interessen ihres Landes gedient und trage Mitschuld am Ausscheiden.
Das wirft doch eine Reihe von Fragen auf: Wie wichtig ist das sportliche Interesse eines Landes für die Politik? Nehmen wir an, dass die Ministerin sich an den Buchstaben des Gesetzes gehalten hat: reicht das Interesse so weit, dass sie die Gesetze kreativ interpretieren (lassen) dürfte?
Werden in den Niederlanden die Einwanderungen auf Ministerebene entschieden?
Hat Cruyff noch alle Tassen im Schrank?

26 Juni 2006

Wie wird man Foucault?

Mit der "Soziogenese" des Philosophen beschäftigt sich José Luis Moreno Pestaña in seinem neuen Buch Convirtiéndose en Foucault, 2006 bei Montesinos erschienen. Was "convirtiéndose" ist, weiß mein Spanisch-Handwörterbuch mit seinen "190.000 Übersetzungen" nicht; das Inhaltsverzeichnis des Bandes lässt erahnen, dass Pestaña vor allem interessiert, welche äußeren Bedingungen Foucault beeinflusst haben auf seinem Weg in die Philosophie. So spielt neben der Ausbildung und dem Milieu der Kindheit die Etablierung eines bestimmten Habitus' im Sinne Bourdieus eine Rolle.
Kann leider die Qualität von Pestañas Arbeit nicht beurteilen, aber den Ansatz finde ich interessant genug, um ihn hier mitzuteilen...

Beim Googlen des Buchtitels gerade herausgefunden, dass Pestaña ein eigenes philosophisches Blog hat!

25 Juni 2006

Wird Helmut Schmidt Ehrendoktor der Philosophie in Marburg?

Die Marburger sollten das am besten wissen, doch sie sind unentschlossen. Wie Spiegel online berichtet hat, sieht ein Teil der Studenten- und Professorenschaft die linke Tradition der Uni gefährdet. Der Antrag kam von Peter Janich, die ausführliche Begründung des Gegenantrags von Frank Deppe, Marbuger Politologe, ist beim BdWi nachzulesen. Deppe meint -- das finde ich am interessantesten -- u.a., dass die von Janich herausgestellten Verdienste Schmidts um die Philosophie nicht ausreichen, um sie durch die Ehrenpromotion zu würdigen. Da wüsste man ja gern genauer, welche Verdienste Janich genannt hat.
Grundsätzlich scheint es mir schwer, jemandem aus dem Gebiet der Philosophie herauszuhalten ... nicht nur, dass das Wort "Philosophie" immer mehr die Worte "Theorie" und "Weltbild" ersetzt, sondern auch, weil jemand, der andere zum Philosophieren anregt, sicher Verdienste um die Philosophie hat. Und dann sind da ja noch diejenigen, die sich um die Philosophie damit verdient gemacht haben, dass sie sich nicht mit ihr beschäftigen. Boris und Barbara Becker, Lassie, Schweini, Klinsi & Co ...

22 Juni 2006

Some are wise, ...

... some are otherwise.

so zitiert Ingmar Persson John Stuart Mill, der diese Weisheit aus einer Zeitung hat. Gefunden als Motto der Introduction in Perssons neuem Buch The retreat of reason : a dilemma in the philosophy of life (Oxford : Clarendon, 2005). Ziel des Buches ist eine "praktische Philosophie des Lebens", die den metaphysischen Hintergrund liefern kann für Prinzipien wie Gerechtigkeit oder Nützlichkeit. Ein Hauptgegenstand ist der Gegensatz zwischen Rationalität einerseits, Erfüllung bzw. gutes Leben andererseits -- ein Gegensatz, der sich auftut, wenn man Rationalität so interpretiert, dass sie das gute Leben der anderen als Ziel einschließt. Dieses hoch zu bewerten kann dazu führen, dass es rational ist, das eigene gute Leben links liegen zu lassen. Ein Widerspruch also, den, wie Persson hervorhebt, die alten Griechen noch nicht kannten. Für Aristoteles führt rationales Verhalten zur Eudaimonie. Aber natürlich ist das alles komplizierter, und Persson verwendet knapp 500 Seiten auf diese Komplexität.

Deutsch als Sprache der Philosophie

L'esperienza Nietzsche di Heidegger tra nichilismo e Seinsfrage. Buch von Rita Casale.

The Gedankenexperiment method of ethics. Aufsatz von M. W. Jackson im Journal of Value Inquiry 1992, 525-535.

19 Juni 2006

Vieths Einführung in die praktische Ethik

Andreas Vieth hat eine, wie mir auf den ersten Blick scheint, gut lesbare Einführung in die Angewandte Ethik geschrieben (Darmstadt : WBG, 2006). Das erste Kapitel gilt der theoretischen Grundlegung, unter anderem der wichtigen Frage, was jemand mit einem moralischen Problem von einem Moralphilosophen erwarten kann. Die Kapitel zwei bis vier widmen sich bestimmten Feldern angewandter Ethik: Umweltethik, Tierethik, Medizinethik. Ein gegliedertes, wenngleich unkommentiertes Literaturverzeichnis beschließt das Buch (am Ende jeden Kapitels wird thematisch Lektüre empfohlen). Nicht ganz glücklich, dass dort zum wichtigen Handbuch von Nida-Rümelin nur die erste Auflage von 1996, nicht die aktualisierte von 2005, die immerhin gut 50 Seiten länger ist, genannt wird.
Als Einführung eignet sich das Buch durch seinen didaktischen Aufbau: wichtige Inhalte sind auch graphisch hervorgehoben; Kapitel schließen mit zusammenfassenden Fragen. Außerdem hat das Buch, WBG-Einführungs-typisch einen breiten Rand zum Selberdranschreiben, was ich nützlich finde.

Dem knappen Einführungsformat ist es wohl geschuldet, dass eine Reihe von typischen Themen angewandter Ethik keine Berücksichtigung findet: Wirtschaftsethik; politische Ethik; Forschungsethik. Das finde ich schade, weil diese Themen solche sind, die eben nicht in Ethikkommissionen verhandelt werden und darum ein methodisch verändertes Vorgehen brauchen. Denn die Einbeziehung von Philosophen in Ethikkommissionen platziert sie an einem bestimmten Ort der (politisch-gesellschaftlichen) Entscheidungsfindung, und das beeinflusst natürlich auch die Art der Empfehlungen, die da abgegeben werden können.

Philosophinnen, Anscombe und Moralphilosophie

Als ich noch ein junger Student in Göttingen war, war das Seminar dort schon damals mehr der analytischen Philosophie verschrieben. Eines Tages wurde gegen Studiengebühren gestreikt, und die philosophische Basisgruppe veranstaltete einen Aktionstag. Wie das im Zusammenhang mit dem Streikziel stand, weiß ich nicht mehr, jedenfalls konnte man nur ins Gebäude nach Ablegen eines Tests. Eine der Testfragen war: "Nenne drei weibliche Philosophen". Lange vor meiner Bekanntschaft mit Kristeva, Irigaray, Cixous, Butler verfiel ich auf das Nächstliegende: die Dozentinnen des Seminars: Monika Betzler, Bettina Schöne-Seifert. Die zählten nicht, wurde mir bedeutet. Das wirft die Frage auf: Was macht eine Philosophin aus? Mir fielen aber noch ein paar weitere ein, nämlich Elizabeth Anscombe und Hilary Putnam. Letztere erkannte ich nur als solche vom Vornamen. Heute finde ich es komisch, dass ich diesen Irrtum eine ganze Weile behielt, weil von der Basisgruppe offenbar niemand Putnam kannte. Später kam er dann mal zu einem Vortrag nach Göttingen, und sein Geschlecht ließ sich nicht mehr leugnen.
Anscombe hingegen ist so eindeutig wie Philippa Foot, auch wenn ich Mühe hätte, an deren Philosophie ihre Weiblichkeit festzumachen. Aber das ist vielleicht eine der überzogenen Forderungen feministischer Philosophie vom Schlage Irigarays, auf die man nicht allzu viel geben sollte. Von Anscombe ist gerade eine Essaysammlung erschienen, eine Art Best of: Human life, action and ethics (Exeter : Imprint Academic, 2005), das Material zusammenstellt, welches noch nicht in den drei 1981 erschienenen Essaybänden enthalten war.
Anscombe ist eine interessante Philosophin, nicht nur in historischer Perspektive, etwa weil sie Schülerin Wittgensteins und dann Mitherausgeberin seiner Schriften war. Sie hat in ihren moralphilosophischen Schriften einen wunderbar praktischen Sinn für's Wesentliche, und darum ist z.B. der kleine Vortrag für die BBC von 1957 Does Oxford moral philosophy corrupt the youth? ein Schmuckstück der Sammlung, das eingangs mit der Feststellung überrascht, gerade die moralische Ernsthaftigkeit einer Position tendiere dazu, die moralischen Überzeugungen eines andern zu untergraben. Trotzdem konnte Anscombe gar nicht anders, als die Frage zu verneinen.
Anscombe hat nicht nur die wesentlichen Veränderungen in der Moralphilosophie der 60er und 70er Jahre (rund um Rawls Theorie der Gerechtigkeit) miterlebt, sondern auch mit eigenen Beiträgen begleitet. Berühmt ist ihre Kritik des Konsequentialismus im Essay Modern moral philosophy, der sich ebenfalls im Band findet. Weitere Themen der Zusammenstellung, übrigens von ihrer Tochter Mary Geach mitherausgegeben, sind die Philosophie der Handlung und Fragen der praktischen Ethik.

18 Juni 2006

Fußball und Philosophie

Dass beide was miteinander zu tun haben, weiß man, seit Monty Python die Philosophen gegeneinander antreten ließ. Ein englischer Hersteller hat ebenfalls einen Zusammenhang erkannt und vertreibt T-Shirts mit Sprüchen -- WMtauglich. Schade, dass es keine genauen Quellenangaben gibt, aber das würde den Raum auf dem Shirt wohl über Gebühr beanspruchen...
"Im Fußball wird alles kompliziert durch die Anwesenheit des gegnerischen Teams." (Sartre)
"Alles, was ich über Moral und Verpflichtung weiß, habe ich vom Fußball." (Camus)
Kann jemand den Umkehrschluss vollziehen: Wie gut kennt sich Camus im Fußball aus, angesichts seiner Meinungen zu Moral und Verpflichtung?

17 Juni 2006

Kants Quellen

Von wem hat Kant gelernt? Wo ist er seinen Vorläufern im 17. und 18. Jahrhundert näher, als es die Selbststilisierung von der kopernikanischen Wende der Philosophie vermuten lässt? Ein paar Antworten darauf hat der prallvolle Sammelband Les sources de la philosophie kantienne, herausgegeben von Robert Theis und Lukas K. Sosoe (Paris : Vrin, 2005). Er enthält die Vorträge eines Kolloquiums 2003. Neben üblichen Verdächtigen (wie Leibniz oder Baumgarten) werden dort auch unbekanntere als Anreger genannt, z.B. die "Juristen seiner Zeit" (Aufsatz von Simone Goyard-Fabre). Dass die lutherische Theologie eine Quelle der kritischen Philosophie sei (Hilmar Lorenz), hat mich überrascht; und auch der Blick in die zeitgenössische Naturwissenschaft fördert Erhellendes zutage, etwa wenn Christiaan Doude von Troostwijk fragt, ob Buffon mit seiner großen Naturgeschichte "catalyseur de la critique" sei.

Leider bietet der Verlag kein komplettes Inhaltsverzeichnis auf seinen Seiten und macht auch aus technischen Gründen den Link auf die Katalogseite unmöglich.

15 Juni 2006

Francis Bacon und die Religion

Francis Bacon ist einer der großen Vorläufer der Aufklärung -- sagte schon die Aufklärung. Dass man über Bacons Eintreten für die Erfahrung, die Naturwissenschaften, das Weltliche, seinen Gebrauch religiöser Themen und Bilder nicht übersehen dürfe, meint Stephen A. McKnight in seinem Buch The religious foundations of Francis Bacon's thought (Columbia : University of Missouri Press, 2006). McKnight sucht zu zeigen, dass gerade Bacons Vorstellung der Reform und Weiterentwicklung von jüdisch-christlichen, sprich: religiösen Konzepten zehrt. Der Autor breitet seine Gelehrsamkeit in gut lesbarem Stil aus; man merkt dem Buch an, dass McKnight in der besprochenen Zeit sozusagen zu Hause ist. Mit dem New Organon und dem New Atlantis -- gerade Bacons utopische Vorstellungen hätten religiösen Hintergrund -- werden die bekanntesten Schriften Bacons einer genaueren Untersuchung unterzogen.

Gefällig ist auch, sieht man vom lila des Leinenumschlags ab, die Aufmachung des Buches, insbesondere der Schriftsatz. Die Kapitelüberschriften sind in Old English gehalten -- historisch nicht so hundertprozentig korrekt, da erst um 1760 entstanden, aber doch dem Text eine gewisse Stimmung mitgebend.

Überblick behalten: Turing-Test und Künstliche Intelligenz

Eine Webseite, die Debatten kartiert, ist umso nützlicher, je unübersichtlicher die Debatten sind. Bei der Frage der künstlichen Intelligenz (Ist künstliche Intelligenz überhaupt intelligent?) kommt also diese Seite ganz gelegen. Scheint so, als ginge es dem Autor Robert E. Horn darum, Symbole einer visuellen Sprache zu entwickeln, und als sei KI nur ein Beispiel. (Ein gutes Beispiel allerdings nicht, denn die Argumente sind im wesentlichen textlich dargestellt, mit Pfeilen für die Reihenfolge.) Sei's drum: alles gut lesbar und übersichtlich!

13 Juni 2006

Gleichzeitig wahr und unwahr: Graham Priest erkundet den Dialetheismus

Dialetheism is the view that some contradictions are true: there are sentences (statements, propositions, or whatever one takes truth-bearers to be), p, sucht that both p and non-p are true, that is, such that p is both true and false.
Darum gehts in Priests neuem Buch mit dem schönen Titel Doubt truth to be a liar (Oxford : Clarendon, 2006), genauer: was ein solcher Ansatz für bestimmte Kernkonzepte wie Wahrheit, Falschheit bedeutet, ob es rational sein kann, einander widersprechende Sätze für wahr zu halten, und wie eine Logik (ein Konzept von Konsistenz) aussehen müsste, die (das) dem gerecht würde. Priest setzt damit eine gedankliche Richtung fort, die er in In contradiction (1987) begonnen hatte. Man fragt sich schon, was für Sätze und was für Kontexte Priest da im Auge hat, in Kürze: die Paradoxa der Selbstreferenz, der Bewegung und der Veränderung. Auch Paradoxa der Identität möchten wohl im neuen Licht dastehen. In der NDPR gibt's eine ausführliche Besprechung von Hartry Field.

PS Das Wort "Dialetheismus" ist ein Kunstwort aus dem Griechischen, und Priest hat es mit erfunden; Aletheia = Wahrheit; Di = Zwei.

Auf wen sich Kierkegaard in seinen Tagebüchern bezieht

Hin und wieder erstarrt man in Bewunderung vor den Fleißarbeitern, die sich die Mühe machen, das gesamte Korpus eines Philosophen nicht nur zu lesen, sondern irgendworaufhin auszuwerten. Mir scheint, dass sich Hélène Politis mit der Frage, welche Bezüge auf Philosophen in Kierkegaards Tagebüchern auftauchen, noch eine der interessanteren denkbaren Fragestellungen ausgedacht hat. Ihr Werk heißt Répertoire des références philosophiques dans les Papirer (Papiers) de Søren Kierkegaard (bisschen runterscrollen) und erschien 2005 bei den Publications de la Sorbonne. Damit setzt Politis übrigens eine Reihe einschlägiger eigener Publikationen zum Thema fort.
Das Verzeichnis der Bezugnahmen ist netterweise philosophiegeschichtlich geordnet, fängt bei den Sieben Weisen an und endet mit Eduard Zeller. Manchem Verdacht kann man so nun leichter nachgehen: Spinoza bei Kierkegaard z.B. Die Seiten 15-221 gelten der antiken Philosophie bis Boethius, danach bleiben grad mal weitere 200 Seiten für den Rest der Philosophiegeschichte -- war mir nicht so klar, wieviel Kierkegaard in den Alten geschmökert hat.
Schade, dass die deutsche Kierkegaard-Ausgabe der Papirer noch nicht weiter ist. Politis' Nachweise scheinen sich auf Fragmentnummern zu beziehen, so dass man nicht auf die Seitenzahlen der großen dänischen Ausgabe angewiesen ist. Etwas irritierend, aber da gewöhnt man sich dran, ist der Umstand, dass die Namen klassischer Philosophen auf französisch wiedergegeben werden.

07 Juni 2006

Philosophen als Detektive

Alexander McCall Smith hat mit "Mord ist in Edinburgh verboten" -- im Original heißt das: The Sunday philosophers club -- einen Krimi geschrieben, in der sich eine Philosophin daran macht, den (obligatorischen) Mord zu lösen. Beim Besuch der Webseite ging mir gerade auf, dass ich schon zwei andere Bücher von ihm kenne, aus der Serie der No. 1 Ladies Detective Agency; Krimis, die in Botswana spielen. Im jüngst gelesenen Werk also eine nicht ganz so exotische Kulisse. Die Heldin ist Herausgeberin einer 'Zeitschrift für angewandte Ethik', und das erlaubt dem Autor, seine Figuren bei Gelegenheit über ebensolche Fragen sinnieren zu lassen. Und Gelegenheit gibt es reichlich, da es neben der Untersuchung auch die moralischen Fragen des täglichen Lebens, Treue, Freundschaft, etc. zu klären gilt. Die Entschlüsselung des Mordfalls selbst nimmt darum nicht allzu viel Raum ein, und man kann auch nicht sagen, dass hier eine vertrackte Indizienlage immer neue falsche Fährten produziert. Stattdessen konzentriert sich die Heldin auf das Motiv (und die Moral von der Geschichte). Das ist sympathisch, aber vielleicht auch ein Grund, warum, wer gern mit knobelt, nicht recht zufrieden sein wird mit dem Buch. Allen andern sei's ans Herz gelegt.

Ein zweites Buch, das in diesem Kontext eine Empfehlung verdient, ist Das Rätsel des Philosophen von Joseph Carlos Somoza. Auch ein Krimi, im alten Griechenland, der Themen der platonischen Philosophie aufnimmt; ein ganzes Ende komplizierter auch in der Erzählstruktur als der Roman von Smith.

Zwei Fragen, werte Leser: Sind Philosophen gute Detektive? (Oder die Analytischen Philosophen, während die Kontinentalen durch ihre Neigung zur Spekulation an der Klärung eines Falls gehindert werden?) Und welche Philosophen als Detektive kennen Sie noch? (William von Baskerville, klar. Und sonst ...)

Philosophische Zeitschriften online

Hartnäckig nutze ich dieses Medium, um auf's andere zu verweisen, auf's gedruckte. Aber hin und wieder lohnt sich der Blick auf neue Webangebote. Ganz neu, weil soeben von der DFG bezahlt und freigeschaltet, ist der deutschlandweite Zugriff auf das 'Periodicals Archive online'. Von den etwa 350 im Volltext zugänglichen Zeitschriften sind 33 philosophisch, darunter z.B. Erkenntnis, Philosophical studies, Kant-Studien. Leider unterliegt der Zugriff gewissen Beschränkungen: er ist sofort nur vom Uninetz aus möglich; wer von außerhalb zugreifen will, muss sich erst anmelden (Erklärung auch hier). Außerdem sind die Zeitschriften nur bis 1995 elektronisch zugänglich -- dafür seit den Anfängen. Und wer damit umzugehen versteht, kann wohl auch eine Volltextsuche nutzen.

Wer wissen möchte, was ohne Beschränkung an philosophischen Zeitschriften und Texten im Web verfügbar ist, sollte mal einen Blick in das DOAJ (Directory of Open Access Journals) und das DOAR werfen und dort in der Disziplinansicht browsen.

01 Juni 2006

Die Wissenschaften und die Philosophie

Die Wissenschaftlichkeit der Philosophie selbst behandelt der folgende Band nicht -- aber schon die Frage, wie sich die Methoden von Philosophie und Wissenschaft unterscheiden und inwiefern Philosophie die Wissenschaften beeinflusst oder von ihnen überflüssig gemacht wird. Heikki J. Koskinen und andere haben die Beiträge eines "Internordic philosophical symposium" in Helsinki 2004 zum Thema "Science -- a challenge to philosophy?" im gleichnamigen Band gesammelt (Frankfurt am Main : Lang, 2006). Darin findet sich z.B. ein Aufsatz von Arto Siitonen, der eine "Karte" des Themas vorlegt. Eine ganze Reihe von Aufsätzen widmet sich dem Naturalismus als dem Selbstversuch der Philosophie, sich zum Verschwinden zu bringen. Der letzte Teil gilt schließlich der Frage nach den Werten in der Wissenschaft; dort fragt z.B. Cheryl Misak, was den Wahrheitsbegriffen in Ethik und Wissenschaften gemeinsam ist. Insgesamt eine interessante Zusammenstellung mit Beiträgen mir bis dato fast völlig unbekannter Autoren aus Skandinavien.