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21 August 2007

Ethik als Gebrauchsanweisung

Man sollte einem Buch mehr als fünf Minuten widmen... Aber wenn der Autor schon Irrgang heißt...
Bernhard Irrgang lässt das Thema Technik nicht los. Darum hat er jetzt eine Hermeneutische Ethik (Titel) als "Pragmatisch-ethische Orientierung in technologischen Gesellschaften" (Untertitel) in der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft veröffentlicht. Im Vorwort Einleitung schreibt er:
Angesichts überbordender Angebote immer neuer Formen von Technik, die selbstverständlich jedermann haben muss, der "in" sein will, stellt sich die Frage, ob sich der allseits verbreitete Grundwert des Cool-Seins tatsächlich als eine Grundform der humanen Selbsterhaltung des Techniknutzers gegenüber modernern Technik erweisen kann. ... Technik produziert Unsicherheit und Nichtwissen. Der traditionelle Umgang mit Unsicherheit und Nichtwissen war wissenschaftlich. Und Ethik sollte, wie Philosophie, Wissenschaft sein.

Was bedeutet das? Die sprachliche Gestaltung des ersten Satzes ist schon interessant. Sowohl die negative Färbung von "überbordend" als auch die der "immer" neuen Formen deutet auf ein Gefühl der Bedrohung: der Autor fürchtet, in der Technik unterzugehen. Er missbilligt, natürlich, das Cool-Sein. Hier wie andernorts steht nicht, was Irrgang damit meint, und ich kann das auch nicht erkennen, weil ich keinen rechten Zusammenhang sehe zwischen einem Habitus (wie "Coolsein") und einer "Grundform der Selbsterhaltung". Beachtenswert finde ich Irrgangs Zusammenziehung "humane Selbsterhaltung", welche auch so verstanden kann, dass nicht die Existenz, sondern das Humanum gefährdet ist. Das würde natürlich gut zum Bedrohungsgefühl passen. Dann bedeutet der ganze Satz: Technik bringt ihre Anhänger dazu, das Menschliche aufzugeben.
Der zweite Satz sagt, dass Ethik hilft: sie ist der wissenschaftliche Umgang mit den Folgen der Technik: dem Nichtwissen. (Für Philosophen ist Technik, die Nichtwissen sogar produziert, so dass es mehr davon gibt als vorher, eigentlich was Gutes: denn Nichtwissen ist ja der Ausgangspunkt der Selbsterkenntnis!)

Das Buch, schreibt Irrgang, "reflektiert weniger die Ethik, sondern die Anwendungsbedingungen und Einbettungsfunktionen ethischen Argumentierens und Entscheidens. Diese sind heute überwiegend technisch-ökonomischer Natur." Ach so. Die Anwendungsbedingungen sind technisch-ökonomischer Natur. Ich nehme an, dass es da auch eine Achse des Bösen zwischen Technik und Ökonomie gibt, dass technischer und ökonomischer Habitus sich ähnlich sind.

Vielleicht sollte ich mal umblättern, um zu sehen, was auf der nächsten Seite steht.

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