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01 September 2005

Langweilen Sie sich?

Dann beschäftigen Sie sich doch mit dem Diskurs der Langeweile. In Elizabeth S. Goodsteins Diss, grad erschienen (Experience without qualities : boredom and modernity, Stanford/CA : Stanford UP 2005), wird dieser rekonstruiert. Allerhand neues und spannendes bietet der kulturgeschichtliche Blick. Der Untertitel des Buches verdankt sich der Entdeckung, dass die Langeweile im 19. Jahrhundert ein neues Gesicht bekommen hat: nämlich als Epidemie, als ansteckende Krankheit. Das liegt am sich wandelnden Selbstverständnis der Menschen wie an den veränderten soziokulturellen Bedingungen. Der Versuch, das Wesen der Langeweile ohne den Hintergrund des Gelangweilten zu bestimmen, muss darum misslingen.
Goodstein widmet sich der Langeweile in der Literatur (bei den Romantikern, Flaubert, Musil) wie in der philosophischen Anthropologie (Simmel, Heidegger). Ein wunderbar belesenes und gut lesbares Buch.
Die Inspiration zu diesem empfing Goodstein, teilt sie im Vorwort mit, in einem Café in Tübingen: nicht weils in der Provinz so langweilig wäre, sondern weil dort das erste von vielen guten Gesprächen stattfand. Da steht also gleich zu Anfang auch das Rezept gegen die Langeweile: ein Café, eine inspirierende Stadt, und ein gutes Gespräch...

PS: Was Google zum Stichwort Langeweile empfiehlt Flirts (1. Treffer) und Zufall (2. Treffer). Diese Beobachtung hat bestimmt eine Moral. Welche?

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