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05 September 2006

Erbauliches vom Goldenen Strand

Es gibt in Nürnberg einen Verlag, der heißt The Golden Shore. In dem erscheinen auch deutsche Übersetzungen von, ich zitiere den Klappentext, "lehrreich unterhaltsamen Erzählungen und Geschichte aus dem alten Indien, von Suchern, spirituellen Meistern und großen Gestalten der Menschheitsgeschichte", die Sri Chinmoy dem Leser als "Schatz zeitloser und universeller Weisheiten, die wie Blumen im Garten unserer Seele erblühen und ihren Duft von Frieden, Licht und Seligkeit verströmen", schenkt.
Sri Chinmoy, hatte ich den hier nicht schon mal? Das Buch jedenfalls, zufällig aufgeblättert, bietet mir die folgende Geschichte voller universeller Weisheit (ich fasse sie mit teils eigenen Worten zusammen):
Barbar ist der erste Kaiser der Mogulen, ein Mann voller Weisheit. Es war "häufig in Kämpfe verwickelt, um gegen seine Feinde zu bestehen", aber weil er so eine tolle Armee hatte, blieb er stets Sieger. Eines Tages "wollte Babar ein Land erobern", das von einem König namens Ibrahim Lodi regiert wurde. Sein Sohn ist dagegen: Deren Armee ist viel größer! Babar aber bleibt dabei: Wir haben besser geschulte Soldaten, wird schon klappen. Tatsächlich siegen die Babar-Soldaten, und die Besiegten freuen sich, weil Babar ein viel besserer Herrscher ist als der vorherige König. Sie schenken dem Sohn einen riesigen Diamanten. Dann wird aber der Sohn krank, todkrank. Ein Heiliger kommt zu Babar und sagt: Wenn Du ein großes Opfer bringst, dann wird dein Sohn gesund werden. Was soll ich opfern? fragt der König. Der Heilige schlägt vor, dass Babar den riesigen Diamanten verschenken möge. Der sei doch echt kostbar. Babar darauf: Der gehört meinem Sohn, das wäre drum kein Opfer: a) weil er gar nicht mir gehört, b) weil er klein ist im Vergleich zum Königreich, dass ich besitze. Aber das wäre sowieso alles nicht wertvoll, "allein mein Leben ist wirklich wertvoll". Er sei bereit, sein Leben zu geben. Er bittet zu Allah, und der entspricht dem Wunsch: Nach drei Tagen wird der Sohn gesund, und Babar liegt krank darnieder und stirbt. Letzter Satz der Geschichte: "Dies ist die Liebe, die ein menschlicher Vater für seinen Sohn empfinden kann".
Hhm. Eine "spirituelle Geschichte", voller Weisheit und so?
Mir missfällt daran die Logik des Austauschs: Allah, ich geb dir mein Leben, gib du mir das des Sohnes. (Das ist dann, recht betrachtet, auch kein Opfer, sondern eben ein Tausch, aber das nur am Rande.) Seltsamer Gott auch, der sich darauf einlässt. -- Mir missfällt auch, dass der kriegstreibende König hier als weise hingestellt wird: das ist schließlich alles, was man von ihm erfährt: Er war voller Weisheit. Eines Tages hatte er Lust, sein Nachbarland zu erorbern. -- Am meisten missfällt mir, dass hier der Tod das Maß der Liebe abgibt. Das scheint mir am normalen Leben vorbeizugehen und daher als Weisheit für den Alltag völlig untauglich!

2 Kommentare:

  1. Ich fände das wäre wiederum aus einer freudschen, ödipalen Perspektive durchaus spannend. Und zwar gleichzeitig in Kombination mit der Umkehrung des freundschen Begriffs des "Nachträglichen Gehorsams".
    So unter dem Stichwort: „Der Vorrauseilende Gehorsam des Ödipuspatriarchen.“

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  2. Das soll aber doch östliche Weisheit sein, und nicht Exemplifizierung westlicher Dekadenz ;-)

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