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27 September 2006

Im Ernstfall foltern? Rainer Trapp klärt, wie man mit Terroristen umgehen könnte

Dass zwischen Terroristen und ihren staatlichen Verfolgern ein Ungleichgewicht besteht in dem was sie dürfen bzw. sich herausnehmen, war hier schon Thema. Der Osnabrücker Philosoph hat sich jetzt des Themas angenommen in seinem Buch mit dem vielsagenden Titel Folter oder selbstverschuldete Rettungsbefragung? (Paderborn : mentis, 2006; der Link führt auch weiter zu einem Inhaltsverzeichnis als pdf). Ich muss zugeben, dass "Selbstverschuldete Rettungsbefragung" gleich viel netter klingt, weil es ja klarmacht, dass die Übeltäter selbst schuld sind, wenn sie gefoltert, äh, rettungsbefragt werden müssen. Trapps Buch ist jedenfalls ein gründlicher Beitrag zum Thema, der sich auch mit dem gern vertretenen moralischen Spagat von der moralischen Legitimation der Folter im Notfall unter Beibehaltung ihrer Rechtswidrigkeit auseinandersetzt. Trapp sucht zu zeigen, dass ein verantwortlicher Rechtsstaat die Anwendung von Gewalt gegenüber Tatverdächtigen vertreten darf, solange dies strengen Bedingungen genügt. Ob man seine Argumente dafür überzeugend findet, sollte man selbst prüfen. Dankenswert ist jedenfalls Trapps minutiöse Auflistung der bisher bekannten Argumente gegen die Folter in der Strafverfolgung -- und der Versuch ihrer Widerlegung. Denn ob man Gewaltanwendung nun für zu rechtfertigen hält oder nicht, kennen sollte man die Argumente schon.

5 Kommentare:

  1. Anonym22/8/07

    Ich finde die Argumentationsweise von Herrn Trapp höchst problematisch. Er tut so, als könne man Folter unter strengen Bedingungen und kontrolliert einführen, die Geschichte beweist das Gegenteil. Ist Folter erst einmal erlaubt (wenn auch in noch so engen Grenzen), so weitet sie sich aus.
    Weiterhin kann man Fragen nach der konkreten Umsetzung stellen: Es müssten Folterknechte ausgebildet werden, die genau nach bestimmten Vorgaben foltern. Ärzte müssten das ganze überwachen. Perverse Vorstellung meines Erachtens!

    Hier noch kurz aufgelistet ein paar Gegenargumente:
    - Der Rechtsstaat kann per definition niemals Folter einführen, er ist dann kein Rechtsstaat mehr.
    - Es wird in der ganzen Diskussion oft so getan, als würde Folter automatisch zu einem (richtigen) Geständnis führen. Dies ist keinesfall so. Ein Gefolterter will nur, dass die Schmerzen aufhören, er wird seinen Peinigern alles erzählen (oft genug das, was sie sowieso schon wissen bzw. Dinge, die sie ihm in den Mund gelegt haben)
    - das Folterverbot ist aus gutem Grund absolut, da ein "bisschen" Folter nicht durchführbar ist.

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  2. Ich finde die Argumentationsweise von Herrn Trapp auch problematisch. Ich denke, dass sich dies ein Bereich ist, der der rechtlichen Regelung erziehen sollte. Sollte ein Vertreter einer Ermittlungsbehörde zu dem Schluss kommen, dass Folter das einzig Richtige zu tun ist, so muss er das auf eigene Verantwortung tun.

    Nicht ganz nachvollziehen kann ich allerdings die These "Der Rechtsstaat kann per definitionem niemals Folter einführen, er ist dann kein Rechtsstaat mehr". Wie ist denn die Definition?
    Der Brockhaus in der aktuellen Ausgabe erläutert den Begriff: "ein Staat, dessen Tätigkeit vom Recht bestimmt und begrenzt wird." Wichtige Punkte sind dabei: "Begrenzung der Staatsgewalt zum Schutz individueller Freiheit", " Gewaltenteilung", "Achtung der Menschen- und Bürgerrechte (Grundrechte)", "Gesetzesvorbehalt". "Je nach den geschichtlichen Erfahrungen und gesellschaftlichen Erfordernissen werden die Akzente zwischen Sicherheit, Frieden, Schutz vor staatlicher Willkür, gerechtem Ausgleich und rechtlich geordneten Verfahren unterschiedlich gesetzt."

    Vermutlich hat Ihr Einwand mit der "Achtung der Menschen- und Bürgerrechte" zu tun. Ich halte es allerdings für verträglich mit dem Rechtsstaatsbegriff, dass der Staat diese unter kontrollierten Bedingungen einschränkt: wie das z.B. im Strafvollzug ja auch geschieht.

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  3. Anonym3/5/09

    Fraglich scheint mir doch in diesem Zusammenhang, dass es in der aktuellen Rechtsprechung erlaubt ist den "Finalen-Rettungs-Schuß" auszuführen, jegliche Folter oder eben genannte Rettungsbefragung verboten ist. Ohne die Argumentation Trapps in der Gänze zu unterstützen, scheint mir doch ein vehementer Widerspruch in der Gesetzeslage vorzuherrschen.

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  4. Nein,

    der Finale Rettungsschuss ist sicher etwas kategorial verschiedenes, womit ich nicht gesagt haben will, dass er nicht auch fragwürdig sein könnte. Aber der wesentliche Unterschied ist aus meiner Sicht, dass das eine eine theoretische Gefährdungssituation ist und das andere eine praktische. Der "Rettungsschuss" (die Terminologie ist jedenfalls schon mal ähnlich) kann ja nur abgegeben werden, wenn man den Täter bereits sehen kann -- die Folter hingegen ist unabhängig von der Sitation, die sie klären soll. Weil sich das so klar unterscheiden lässt, könnte man auch unterschiedliche Regelungen treffen.
    Vermutlich verstehe ich Sie recht, dass Sie meinen, hinter beiden Ideen steckten verwandte oder ähnliche Rechtfertigungen. Auch hier bin ich anderer Ansicht, da ich denke, dass ein "Rettungsschuss" so etwas wie Notwehr "in Vertretung" (des Opfers) ist. Zur Begründung würde ich also die Situationsnähe heranziehen, die ich eben als wesentlichen Unterschied ausgemacht habe.

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  5. Anonym4/4/13

    Meiner Meinung nach krankt Trapps Argumentation schon daran, dass ein Staat, der Folter gestattet oder duldet, eben jene Methoden anwendet, die Terroristen, Geiselnehmern und ähnlichen Verbrechern vorgeworfen werden.
    Wenn man einmal die Tür für Folter in besonderen Situationen aufgestoßen hat, ist die Begründung für andere, weniger "besondere" Situationen um vieles einfacher, da man sich auf Präzedenzfälle berufen kann.
    Darüber hinaus gibt es durchaus so etwas wie ein Recht auf körperliche Unversehrtheit; ganz gleich, welchen Täter man vor sich hat, in einem Rechtsstaat gilt das Racheprinzip - selbst zur Preisgabe von Informationen - "Auge um Auge, Zahn um Zahn" nicht mehr.

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