Vielleicht reicht's ja, notwenige und hinreichende Bedingungen dafür anzuführen, wann etwas Philosophie ist? :-) Oder wir definieren ostensiv (ideal im Hyperspace: der Link taugt dafür bestens): also dieses Stück Text dort ist jedenfalls Philosophie (aber doch nicht der Text, doch die Gedanken, ich höre förmlich Wittgenstein sagen: "Versuche auf den Gedanken zu zeigen").
Reclam (Stuttgart) hat ein kleines Büchlein rausgebracht, dass, nein, nicht Antworten sammelt, aber Textauszüge, die sich als Antworten interpretieren lassen. Es heißt Was ist Philosophie? : Programmatische Texte von Platon bis Derrida, Rolf Elberfeld ist der Herausgeber. Natürlich geht es nur um unsere, die westliche Philosophie, natürlich fängt die bei den alten Griechen an, nicht ganz so natürlich hat Derrida das letzte Wort. Die Analytiker kommen darin übrigens kaum zu Wort, wenn man mal von Carnap und Russell absieht, der ja -- ein anderes Thema -- 1950 den Nobelpreis für Literatur bekommen hat und damit vielleicht ein Kandidat zumindest für den Posten des höchstgeehrten philosophischen Stilisten ist.
Der Sammelband verrät einem nicht, was Philosophie ist -- da die Texte nicht dazu geschrieben wurden, diese Frage zu beantworten. So ist hier von Popper ein Textle aus der Logik der Forschung zitiert, bei dem man den Eindruck gewinnen könnte, für Popper ist Philosophie über die Fragen bestimmt, die sie zu beantworten versucht, und für ihn ist nur die "Kosmologie" eine interessante Frage. Woraus stracks folgt, dass die Logik der Forschung selbst keine Philosophie ist...
27 April 2006
Die ganze Macht der Welt
Peter K. Ungers Ignorance : a case for scepticism habe ich gern gelesen: flüssig geschrieben, interessantes Thema, überraschende Schlussfolgerung. Seitdem (1974) ist Unger weiter fleißig gegen den analytischen Mainstream geschwommen. Jetzt hat er sein bisher dickstes Buch vorgelegt, All the power in the world (OUP 2005) (der Link führt zum Inhaltsverzeichnis und zu einer Probeversion des 3. Kapitels über "demystifying the physical"). Endlich einmal eine nicht physikalistische Metaphysik! Unger probiert sich an einer eigenen Version eines 'Realismus mit menschlichem Antlitz', und Teil dieser Menschlichkeit sind Ironie und Humor. Aber das muss auch sein bei einem Wälzer von 621 Seiten...
26 April 2006
Ist das Böse eine Krankheit der Menschheit?
Es lässt sich als eine beschreiben: es verbreitet sich wie ein Virus, und wenn der Virus zu aggressiv wird, wird er seinen Wirt auslöschen. So in Kurzform "the first comprehensive psychology of Human Evil", das neue Buch von Steven James Bartlett: The pathology of man : a study of human evil, Springfield : Thomas, 2005.
The human species is shown to be autopathological in many ways, as well as pathological in its effects upon global biodiversity. [...] Finally, the work initiates a reflexive examination of how mankind's aggression, destructiveness, and cruelty to members of its own species are fostered and maintained by human patterns of thought and by a conceptual vocabulary that together ecourage a certain interpretation of the world that itself is pathological. (Klappentext)
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Böses,
Ethik,
Philosophische Anthropologie
25 April 2006
Levinas-Bibliographie und Volltextsuche online
Wo ich schon mal beim Anderen bin ...
Die Webseite des Institut d'études lévinassiennes bietet -- neben einer Menge Informationen -- drei interessante Dienste: eine Bibliographie der Levinasschen Werke, eine Bibliographie der Sekundärliteratur und eine Volltextsuche in ausgewählten Werken. Selbstredend alles auf französisch.
Die Webseite des Institut d'études lévinassiennes bietet -- neben einer Menge Informationen -- drei interessante Dienste: eine Bibliographie der Levinasschen Werke, eine Bibliographie der Sekundärliteratur und eine Volltextsuche in ausgewählten Werken. Selbstredend alles auf französisch.
24 April 2006
Vom Verstehen der Anderen
Eva Schmidt hatte in ihrem Blog Philosophie etc. danach gefragt, welche Philosophen am schlechtesten schreiben. Top Five! -- Natürlich nennt man in einem solchen Zusammenhang nicht die Autoren, die einem am Herzen liegen, und so ist es wohl kein Wunder, dass dann die Frage kontinental vs. analytisch dort aufbrach.
Frau Schmidt hat in diesem Streit Argumente vermisst -- das wundert nicht, denn häufig hält jeder der Einäugigen den andern für blind. Worin unterscheiden sich die Kontinentalen von den Analytikern? Keine neue Frage. Keine neuen Antworten:
In der Sprache, sicher. Aber auch in den Inhalten. Dafür zwei Beispiele. Zuvor muss man sich klar machen, dass genauso wie die Analytiker die Kontinentalen keine homogene Gruppe sind; sie sind eher noch heterogener als die anderen. Von analytischer Perspektive aus müsste es sonst seltsam erscheinen, dass Adorno Heidegger eines "Jargons der Eigentlichkeit" beschuldigen konnte, wo doch seine eigene Sprache alles andere als jargonfrei ist.
Aber zum Unterschied der Inhalte, zu meinen zwei Beispielen: Qualia und Metapherntheorie.
In der Theorie des Bewusstseins bei den Analytikern spielen die Qualia eine gewisse Rolle: Gibt es sie? Und sind sie vollständig reduzierbar auf physikalische Sachverhalte oder nicht? Oder taugen sie gar als Gegenargument gegen den Physikalismus (wie Frank Jacksons berühmtes Mary-Gedankenexperiment vorschlägt)? Qualia sind übrigens, das an dieser Stelle für die Nichtanalytiker, "phänomenale" mentale Inhalte -- die Zustände im Geist, die enthalten, wie es sich anfühlt, diese oder jene Erfahrung zu machen. Das Lieblingsbeispiel dafür sind Farben: Wissen, wie es ist, eine Farbe zu sehen, ist nicht dasselbe, wie die physikalischen Eigenschaften einer Farbe zu kennen (etwa: Wellenlänge des Lichts).
Die Analytiker beschäftigen sich also damit, ob es Qualia gibt, welche es gibt, und was das bedeutet, wenn es welche gibt.
Die kontinentale Philosophie, z.B. der Phänomenologen, bezweifelt nicht, dass es Qualia gibt; der Begriff macht dort keinen rechten Sinn. Es geht eher darum, welche Bewusstseinsinhalte wir haben und wie die sich zu uns als erkennenden Subjekten und zur Welt verhalten. Phänomenologen analysieren (u.a.), wie es sich anfühlt, diese oder jene Erfahrung zu machen. Heideggers Analytik des Daseins ist der Versuch, das Menschliche von Innen heraus zu bestimmen, die Grundlagen des Erlebens überhaupt zu beschreiben. Dabei geht er deutlich weiter als Kant, der ja nur von den Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis überhaupt handelte; Heidegger möchte wissen, was das menschliche Leben und Erkennen bedingt und beschränkt. Dabei kommen dann auch die berühmte "Angst" oder das "Verlieren ans Man" zur Sprache; das sind eben Versuche, konkret Züge des menschlichen Lebens zu beschreiben.
Das zweite Beispiel: Metapherntheorie. Die klassische Theorie der Metapher stammt aus der (antiken) Rhetorik. Sie scheint der Vorstellung zu gehorchen, dass sich alles, was sich sagen lässt, klar sagen lässt. :-) Der Redner überlegt sich, was er sagen will (Inhalt), dann überlegt er sich, wie er das wirkungsvoll rüberbringt. Dabei ersetzt er Teile seiner klaren aber schmucklosen Rede durch rhetorische Figuren: die sagen prinzipiell dasselbe, aber in anderer Form, oder Bühlersch gedacht: sie haben die gleiche Darstellungsfunktion, aber mehr Appell etc.
Dass diese Theorie nicht ganz hinreicht, ist vielleicht keine Überraschung. Die kontinentale Philosophie -- in Gestalt einiger ihrer postphänomenologischen Vertreter -- hat vorgeschlagen, alles Sprechen als metaphorisch zu verstehen, weil jedes sprachliche Zeichen sich als Substitution eines anderen Zeichens verstehen lässt. Sprachliche Zeichen kommen nie bei den Dingen an. Wie das gemeint ist, sieht man z.B. in einem Wörterbuch, wo die Bedeutung eines Worts mit weiteren Worten erklärt wird, und deren Bedeutung, macht man sich die Mühe, nachzuschlagen, natürlich ebenfalls mit weiteren Worten. Das gilt umso mehr für von vornherein übertragende Redeweisen wie die Metapher. Die Sprache gerät ins Schwimmen., zumal man nicht beschränken kann, auf welche Zeichen ein Zeichen verweist, da dieser Verweis ebensosehr konventionell wie willkürlich geschieht. Während in der klassischen Rhetorik die Vorstellung herrscht, dass, was eine Metapher bedeutet, komplett der Kontrolle des Rhetors unterliegt, kommt diese Theorie zum umgekehrten Schluss. Die These vom "Tod des Autors" hat da ihre Wurzeln (und ist natürlich eine Metapher).
Was sagt die analytische Theorie zur Metapher? Verschiedenes -- aber ich nehme das andere Extrembeispiel, nämlich Donald Davidsons What metaphors mean. Davidson meint, dass eine Metapher nichts anderes bedeutet, sondern einfach sich selbst. Sie ist keine Substitution. (Im Hintergrund muss man dies wohl mit Davidsons Sprachtheorie zusammendenken.)
Unterschiedlicher könnten die Standpunkte kaum sein. Ist vielleicht auch klar geworden, warum, plakativ gesprochen, Kontinentalphilosophen keine Angst vor Naturwissenschaften haben müssen. Wie es sich anfühlt, ein Mensch zu sein, darüber können Naturwissenschaften nichts sagen: das ist nicht reduzierbar auf physikalische Gehalte. Und überhaupt sieht eine Wissenschaft, deren Vorstellung vom Sprachgebrauch so simpel ist wie die Physik (eine Theorie ist ein Modell der Wirklichkeit), den komplexen Funktionszusammenhang der Sprache nicht. Auf der anderen Seite müssen solche Philosophen allerdings Angst haben vor den Betriebswirten, die die Lehre an der Uni auf Effizienz trimmen...
Frau Schmidt hat in diesem Streit Argumente vermisst -- das wundert nicht, denn häufig hält jeder der Einäugigen den andern für blind. Worin unterscheiden sich die Kontinentalen von den Analytikern? Keine neue Frage. Keine neuen Antworten:
In der Sprache, sicher. Aber auch in den Inhalten. Dafür zwei Beispiele. Zuvor muss man sich klar machen, dass genauso wie die Analytiker die Kontinentalen keine homogene Gruppe sind; sie sind eher noch heterogener als die anderen. Von analytischer Perspektive aus müsste es sonst seltsam erscheinen, dass Adorno Heidegger eines "Jargons der Eigentlichkeit" beschuldigen konnte, wo doch seine eigene Sprache alles andere als jargonfrei ist.
Aber zum Unterschied der Inhalte, zu meinen zwei Beispielen: Qualia und Metapherntheorie.
In der Theorie des Bewusstseins bei den Analytikern spielen die Qualia eine gewisse Rolle: Gibt es sie? Und sind sie vollständig reduzierbar auf physikalische Sachverhalte oder nicht? Oder taugen sie gar als Gegenargument gegen den Physikalismus (wie Frank Jacksons berühmtes Mary-Gedankenexperiment vorschlägt)? Qualia sind übrigens, das an dieser Stelle für die Nichtanalytiker, "phänomenale" mentale Inhalte -- die Zustände im Geist, die enthalten, wie es sich anfühlt, diese oder jene Erfahrung zu machen. Das Lieblingsbeispiel dafür sind Farben: Wissen, wie es ist, eine Farbe zu sehen, ist nicht dasselbe, wie die physikalischen Eigenschaften einer Farbe zu kennen (etwa: Wellenlänge des Lichts).
Die Analytiker beschäftigen sich also damit, ob es Qualia gibt, welche es gibt, und was das bedeutet, wenn es welche gibt.
Die kontinentale Philosophie, z.B. der Phänomenologen, bezweifelt nicht, dass es Qualia gibt; der Begriff macht dort keinen rechten Sinn. Es geht eher darum, welche Bewusstseinsinhalte wir haben und wie die sich zu uns als erkennenden Subjekten und zur Welt verhalten. Phänomenologen analysieren (u.a.), wie es sich anfühlt, diese oder jene Erfahrung zu machen. Heideggers Analytik des Daseins ist der Versuch, das Menschliche von Innen heraus zu bestimmen, die Grundlagen des Erlebens überhaupt zu beschreiben. Dabei geht er deutlich weiter als Kant, der ja nur von den Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis überhaupt handelte; Heidegger möchte wissen, was das menschliche Leben und Erkennen bedingt und beschränkt. Dabei kommen dann auch die berühmte "Angst" oder das "Verlieren ans Man" zur Sprache; das sind eben Versuche, konkret Züge des menschlichen Lebens zu beschreiben.
Das zweite Beispiel: Metapherntheorie. Die klassische Theorie der Metapher stammt aus der (antiken) Rhetorik. Sie scheint der Vorstellung zu gehorchen, dass sich alles, was sich sagen lässt, klar sagen lässt. :-) Der Redner überlegt sich, was er sagen will (Inhalt), dann überlegt er sich, wie er das wirkungsvoll rüberbringt. Dabei ersetzt er Teile seiner klaren aber schmucklosen Rede durch rhetorische Figuren: die sagen prinzipiell dasselbe, aber in anderer Form, oder Bühlersch gedacht: sie haben die gleiche Darstellungsfunktion, aber mehr Appell etc.
Dass diese Theorie nicht ganz hinreicht, ist vielleicht keine Überraschung. Die kontinentale Philosophie -- in Gestalt einiger ihrer postphänomenologischen Vertreter -- hat vorgeschlagen, alles Sprechen als metaphorisch zu verstehen, weil jedes sprachliche Zeichen sich als Substitution eines anderen Zeichens verstehen lässt. Sprachliche Zeichen kommen nie bei den Dingen an. Wie das gemeint ist, sieht man z.B. in einem Wörterbuch, wo die Bedeutung eines Worts mit weiteren Worten erklärt wird, und deren Bedeutung, macht man sich die Mühe, nachzuschlagen, natürlich ebenfalls mit weiteren Worten. Das gilt umso mehr für von vornherein übertragende Redeweisen wie die Metapher. Die Sprache gerät ins Schwimmen., zumal man nicht beschränken kann, auf welche Zeichen ein Zeichen verweist, da dieser Verweis ebensosehr konventionell wie willkürlich geschieht. Während in der klassischen Rhetorik die Vorstellung herrscht, dass, was eine Metapher bedeutet, komplett der Kontrolle des Rhetors unterliegt, kommt diese Theorie zum umgekehrten Schluss. Die These vom "Tod des Autors" hat da ihre Wurzeln (und ist natürlich eine Metapher).
Was sagt die analytische Theorie zur Metapher? Verschiedenes -- aber ich nehme das andere Extrembeispiel, nämlich Donald Davidsons What metaphors mean. Davidson meint, dass eine Metapher nichts anderes bedeutet, sondern einfach sich selbst. Sie ist keine Substitution. (Im Hintergrund muss man dies wohl mit Davidsons Sprachtheorie zusammendenken.)
Unterschiedlicher könnten die Standpunkte kaum sein. Ist vielleicht auch klar geworden, warum, plakativ gesprochen, Kontinentalphilosophen keine Angst vor Naturwissenschaften haben müssen. Wie es sich anfühlt, ein Mensch zu sein, darüber können Naturwissenschaften nichts sagen: das ist nicht reduzierbar auf physikalische Gehalte. Und überhaupt sieht eine Wissenschaft, deren Vorstellung vom Sprachgebrauch so simpel ist wie die Physik (eine Theorie ist ein Modell der Wirklichkeit), den komplexen Funktionszusammenhang der Sprache nicht. Auf der anderen Seite müssen solche Philosophen allerdings Angst haben vor den Betriebswirten, die die Lehre an der Uni auf Effizienz trimmen...
Analytische Ethik ...
Die Tage nach Ostern habe ich dazu benutzt, den dritten Teil meiner Einführung in die analytische Ethik für's Web aufzubereiten. Kommentare dazu bzw. zu allen verfügbaren Teilen sind willkommen.
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Ethik
22 April 2006
Sozialistische Semiotik
Manchmal hat man beim Lesen von Texten Aha-Erlebnisse, die dies gar nicht erwarten lassen. Die Sozialistische Gruppe der Uni Erlangen-Nürnberg betreibt eine Website, auf der auch allerhand Texte zusammengetragen sind, z.B. solche zur "Kritik der bürgerlichen Wissenschaft". An dieser Stelle findet man auch -- als .rtf -- ein Textle zur Semiotik. Da geht es um das Problem der Sprache, wie es der Verfasser von Semiotikprofessoren und anderen dargestellt sieht, und was er daran falsch findet. Falsch findet er die These, dass sprachliche Zeichen arbiträr sind (er drückt's anders aus), noch falscher, dass sich daraus ein "Wahrheitsproblem" ergeben könnte (da kann man in der Tat streiten). Und der Kritiker weiß auch, warum die falschen Haltungen überhaupt vertreten werden:
Eine antimaterialistische Haltung! Das ist mein Aha-Erlebnis: wie sich Zeichentheorie und politische Theorie verquicken können. Dafür übersehe ich auch den etwas fahrlässigen Gebrauch des Terminus "Namen" in der Kritik ("Ja, sprachliche Zeichen sind wohl Namen für eine Sache, wie immer diese beschaffen sei. ") und die Gummimuskeln des Pappkameraden, der da überhaupt kritisiert wird!
Wenn schon prinzipiell nicht sicher zu ermitteln ist, was eine Sache ist, darf schon gleich niemand meinen, er könne beurteilen, ob eine Sache seinen Interessen zu- oder abträglich, ethisch gesprochen “wertvoll”, ist. Die Skepsis gegen die Sprache dient also zur Begründung einer antimaterialistischen Haltung [...]
Eine antimaterialistische Haltung! Das ist mein Aha-Erlebnis: wie sich Zeichentheorie und politische Theorie verquicken können. Dafür übersehe ich auch den etwas fahrlässigen Gebrauch des Terminus "Namen" in der Kritik ("Ja, sprachliche Zeichen sind wohl Namen für eine Sache, wie immer diese beschaffen sei. ") und die Gummimuskeln des Pappkameraden, der da überhaupt kritisiert wird!
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Semiotik,
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11 April 2006
Intelligent Design (5), zum letzten?
Intelligent Design (frühere Posts: 1, 2, 3, 4) kam als Thema auf, weil Anhänger in den USA in einer Schule durchsetzen wollten, dass es als Alternative zur Evolutionstheorie Darwinscher Prägung gelehrt würde. Ich habe hier mehrfach darauf bezuggenommen. Jetzt ist der Streit entschieden: Intelligent Design ist Religion, nicht Wissenschaft. Weil Religion in den USA -- man glaubt es kaum -- Privatsache ist, darf sie in den Schulen nicht gelehrt werden. Damit ist Intelligent Design außen vor. Hier ein ausführlicher Bericht im Philosopher's Magazine von Ophelia Benson.
Was ich besonders schön finde, ist die Bemerkung des Richters, die Benson so zusammenfasst:
Was ich besonders schön finde, ist die Bemerkung des Richters, die Benson so zusammenfasst:
The decision was lengthy and thorough in the hope, as the judge dryly remarked, of preventing any more pointless, expensive trials over issues that ought to be settled.
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Intelligent Design,
Religion
10 April 2006
Deutsche Philosophische Blogosphäre (4)
Wo ist die deutsche Philosophische Blogosphäre? fragte ich zum erstenmal im Oktober letzten Jahres und dann (2), (3).
Eva Schmids Kommentar hat mich auch auf ein paar mir bis dato unbekannte deutsche Philosophie-Blogs aufmerksam gemacht, vielen Dank!
Ihr eigenes Blog Philosophie etc. widmet sich der Analytischen Philosophie, da wird sich gleich wohlfühlen, wer auch so sozialisiert ist :-).
In einem Posting dort werden -- neben diesem, Danke für die Blumen -- weitere blogs genannt (der Philosophus ist ja hier schon bekannt):
Eva Schmids Kommentar hat mich auch auf ein paar mir bis dato unbekannte deutsche Philosophie-Blogs aufmerksam gemacht, vielen Dank!
Ihr eigenes Blog Philosophie etc. widmet sich der Analytischen Philosophie, da wird sich gleich wohlfühlen, wer auch so sozialisiert ist :-).
In einem Posting dort werden -- neben diesem, Danke für die Blumen -- weitere blogs genannt (der Philosophus ist ja hier schon bekannt):
- Siggi Becker -- beschäftigt sich mit der "Gewalt, die uns durch unsere Existenz angetan wird" -- Jungejunge, dazu gäbe es einiges zu sagen, aber lieber später...
- http://philoblog.de. Hier etwas zur Zielrichtung.
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Wer eine Tugend hat, hat alle: ein paar Bemerkungen zur Nikomachischen Ethik
Eva Schmid hat hier im Kommentar gefragt:
Als ich eben in der Nikomachischen Ethik blätterte, ging mir auf, dass es schon länger als 10 Jahre her ist, dass ich mich ernsthaft damit beschäftigt hätte! Aber manche Dinge bleiben so hängen, und dazu gehört diese These, dass eine Tugend zu haben bedeutet, auch alle anderen zu haben. Dass dies nicht ganz sinnvoll oder stimmig klingt für heutige Ohren, ist klar, aber leicht möglich, denn so ganz vergleichbar sind ja Menschenbild und Kultur damals und heute nicht. Aber nun im einzelnen, soweit ich mich erinnere.
Die fragliche These hat Voraussetzungen in mehreren Bestandteilen in Aristoteles' Theorie. Ein Bestandteil ist die Eudaimonia-Lehre im ersten Buch. Die bedeutet grob gesagt, dass alles Handeln auf einen einzigen Endzweck zielt. In der Hierarchie aller Ziele ganz oben steht die "Eudaimonia" oder "Glückseligkeit". Alles Handeln, was nicht direkt auf sie zielt, zielt indirekt auf sie.
Eine Tugend zu haben bedeutet nach Aristoteles zwei Dinge: 1. disponiert zu sein zur tugendgemäßen Handlung, 2. tugendgemäß Handeln. (2. und 3. Buch). Eine tugendgemäße Handlung allein genügt nicht, weil die Tugend gerade im regelnäßigen, wiederholten Vollziehen solcher Handlungen sich äußert. Die wird sichergestellt durch die innere Einstellung dazu, die Gewöhnung zum tugendgemäßen Verhalten. -- Das entspricht auch dem heutigen Tugendbegriff.
Um tugendhaft zu handeln, braucht man Klugheit (Phronesis). (6. Buch) Das ist eine bei Aristoteles ganz eigentümliche Verknüpfung von inhaltlicher Bestimmung (Qualität des Ziels) und formaler, denn für die Fähigkeit, zu einem beliebigen Ziel das rechte Mittel zu finden, gibt es einen eigenen Namen, den Gigon mit "Gewandtheit" übersetzt, und an mindestens einer Stelle ist genau dies auch die Bestimmung der Klugheit.
Dann heißt es am Ende des 6. Buches, zitiert in der Übersetzung von Gigon:
Man kann nicht gut sein ohne Klugheit, weil man ohne Klugheit nicht zum guten Ziel käme; erst die Klugheit verrät einem den Weg dahin. Man kann aber auch nicht klug sein ohne Tugend, weil man ohne Tugend das Ziel nicht kennte -- das ist die oben erwähnte eigentümliche Verquickung (sicher keine Stärke der Theorie). Ich habe jetzt auf die Schnelle nicht mehr herausbringen können, was "schlechthinnige" Tugendhaftigkeit von "natürlicher" unterscheidet; bleibt aber trotzdem deutlich die These, dass, wer tugendhaft ist, auch klug ist, und wer klug ist, alle Tugenden hat.
Sagt Aristoteles wirklich, dass man mit einer Tugend auch alle anderen hat, was umgekehrt bedeutet, dass man, wenn einem eine Tugend fehlt, auch keine anderen hat? Das hoert sich in meinen Ohren geradezu absurd an!
Als ich eben in der Nikomachischen Ethik blätterte, ging mir auf, dass es schon länger als 10 Jahre her ist, dass ich mich ernsthaft damit beschäftigt hätte! Aber manche Dinge bleiben so hängen, und dazu gehört diese These, dass eine Tugend zu haben bedeutet, auch alle anderen zu haben. Dass dies nicht ganz sinnvoll oder stimmig klingt für heutige Ohren, ist klar, aber leicht möglich, denn so ganz vergleichbar sind ja Menschenbild und Kultur damals und heute nicht. Aber nun im einzelnen, soweit ich mich erinnere.
Die fragliche These hat Voraussetzungen in mehreren Bestandteilen in Aristoteles' Theorie. Ein Bestandteil ist die Eudaimonia-Lehre im ersten Buch. Die bedeutet grob gesagt, dass alles Handeln auf einen einzigen Endzweck zielt. In der Hierarchie aller Ziele ganz oben steht die "Eudaimonia" oder "Glückseligkeit". Alles Handeln, was nicht direkt auf sie zielt, zielt indirekt auf sie.
Eine Tugend zu haben bedeutet nach Aristoteles zwei Dinge: 1. disponiert zu sein zur tugendgemäßen Handlung, 2. tugendgemäß Handeln. (2. und 3. Buch). Eine tugendgemäße Handlung allein genügt nicht, weil die Tugend gerade im regelnäßigen, wiederholten Vollziehen solcher Handlungen sich äußert. Die wird sichergestellt durch die innere Einstellung dazu, die Gewöhnung zum tugendgemäßen Verhalten. -- Das entspricht auch dem heutigen Tugendbegriff.
Um tugendhaft zu handeln, braucht man Klugheit (Phronesis). (6. Buch) Das ist eine bei Aristoteles ganz eigentümliche Verknüpfung von inhaltlicher Bestimmung (Qualität des Ziels) und formaler, denn für die Fähigkeit, zu einem beliebigen Ziel das rechte Mittel zu finden, gibt es einen eigenen Namen, den Gigon mit "Gewandtheit" übersetzt, und an mindestens einer Stelle ist genau dies auch die Bestimmung der Klugheit.
Dann heißt es am Ende des 6. Buches, zitiert in der Übersetzung von Gigon:
Es ergibt sich also aus dem Gesagten, dass man nicht in einem wesentlichen Sinne gut sein kann ohne die Klugheit, noch klug ohne die ethische Tugend.
Auf diese Weise werden auch die Argumente widerlegt, mit denen man vielleicht beweisen möchte, dass die Tugenden voneinander getrennt sind; es könne nämlich nicht derselbe gleich begabt zu allen Tugenden sein, und so werde er die eine bereits erworben haben, die andere dagegen noch nicht.
Dies ist bei den natürlichen Tugenden möglich, nicht aber bei den anderen, auf Grund deren man schlechthin tugendhaft heißt. Denn wenn man die Eine Klugheit besitzt, wird man zugleich alle Tugenden besitzen. (1144 b31ff)
Man kann nicht gut sein ohne Klugheit, weil man ohne Klugheit nicht zum guten Ziel käme; erst die Klugheit verrät einem den Weg dahin. Man kann aber auch nicht klug sein ohne Tugend, weil man ohne Tugend das Ziel nicht kennte -- das ist die oben erwähnte eigentümliche Verquickung (sicher keine Stärke der Theorie). Ich habe jetzt auf die Schnelle nicht mehr herausbringen können, was "schlechthinnige" Tugendhaftigkeit von "natürlicher" unterscheidet; bleibt aber trotzdem deutlich die These, dass, wer tugendhaft ist, auch klug ist, und wer klug ist, alle Tugenden hat.
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Aristoteles,
Tugend
09 April 2006
Rassismus in der modernen Philosophie
Andrew Valls hat ein Buch zusammengestellt mit dem Titel Race and racism in modern philosophy (Ithaca : Cornell UP, 2005) (Inhaltsverzeichnis als pdf). Die darin enthaltenen Aufsätze gehen den Spuren rassistischen Denkens im Werk einzelner Philosophen nach, von Descartes über Leibniz und Hume bis Marx und Nietzsche. Zudem beschäftigen sie sich mit der Frage, ob die rassistischen Theorien eines Philosophen -- z.B. Kants Ansichten über die verschiedenen Menschenrassen in seinen Vorlesungen -- etwas zum Verständnis seiner übrigen Theorien (Ethik, Erkenntnistheorie) beitragen oder diese diskreditieren. Sie fragen, ob z.B. Rationalismus oder Empirismus eher anfällig sind (waren) für rassistisches Denken; Argumente werden gegenüber beiden Seiten vorgetragen. Usw.
Ein spannendes Buch, auch für Nichthistoriker!
Ein spannendes Buch, auch für Nichthistoriker!
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Geistesgeschichte,
Rassismus
02 April 2006
Das große Ganze
In letzter Zeit fallen mir vermehrt Bücher auf, deren Autoren das große Ganze im Blick haben. Weil es uns nach Hegel schwer fällt, noch an Gesamtentwürfe zu glauben, begegne ich solchen Werken von vornherein mit Misstrauen. Allerdings hat dieses Misstrauen zur Folge, dass ich den Büchern auch weiter keine Zeit widme und darum noch unentschieden bin, ob Ken Wilbers Integrale Philosophie nun Humbug, ein bisschen Lebenskunst oder doch Philosophie ist. Die Klappentexte sprechen jedenfalls immer davon, dass man es mit einem der "ganz großen Denker unserer Zeit" zu tun habe. Wikipedia ist sich sicher, dass man sich im Grenzbereich von Esoterik und Philosophie befinde.
Roy Bhaskar ist auch so ein Fall. Der Umschlag seines Werkes meta-Reality kommt im Lebenshilfe-Wolkenblau daher. Der Klappentext sagt, es handle sich um "this new, long awaited study":
Soso. Ich hatte gedacht, der Kritische Realismus sei schon etwas älter. Google bietet auf den ersten Seiten einer Suche gleich eine Vielzahl von Möglichkeiten, in welchem Sinne der Begriff verstanden werden könnte, als Kunststil z.B. Ich hatte an etwas in Richtung Nicolai Hartmann gedacht (vgl. auch den Wikipedia-Artikel). Roy Bhaskar kommt da gar nicht vor. Aber:
Internationale Philosophie!!! Interdisziplinär!!!!!! Neu!!!!!!!!!!!!!!!!! Weltweit beachtet!!!!!!!!!!!!!!!
Mir gehen die Ausrufezeichen aus.
Roy Bhaskar ist auch so ein Fall. Der Umschlag seines Werkes meta-Reality kommt im Lebenshilfe-Wolkenblau daher. Der Klappentext sagt, es handle sich um "this new, long awaited study":
the first and defining volume in which Roy Bhaskar, originator of the increasingly influential, interdisciplinary and international philosophy of critical realism, systematically presents and expounds the prinzicples of his new philosophy of meta-Reality, a philosophy which is already the subject of worldwide attention and debate.
Soso. Ich hatte gedacht, der Kritische Realismus sei schon etwas älter. Google bietet auf den ersten Seiten einer Suche gleich eine Vielzahl von Möglichkeiten, in welchem Sinne der Begriff verstanden werden könnte, als Kunststil z.B. Ich hatte an etwas in Richtung Nicolai Hartmann gedacht (vgl. auch den Wikipedia-Artikel). Roy Bhaskar kommt da gar nicht vor. Aber:
Internationale Philosophie!!! Interdisziplinär!!!!!! Neu!!!!!!!!!!!!!!!!! Weltweit beachtet!!!!!!!!!!!!!!!
Mir gehen die Ausrufezeichen aus.
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Pseudophilosophie,
Roy Bhaskar
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